Jedes Jahr erleiden 19 von 100.000 Isländern einen Leberschaden aufgrund von Medikamenten- einnahme.

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Berlin - Neben ihren beabsichtigten Wirkungen haben Arzneimittel oft auch unerwünschte Effekte auf den Körper. Etwa jede zehnte Nebenwirkung betrifft die Leber. Angesichts einer aktuellen Studie im Fachmagazin "Gastroenterology" warnt die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) vor Leberschäden durch Medikamente. Diese kommen wahrscheinlich häufiger vor als gedacht und bleiben oftmals als solche unerkannt, so die Fachgesellschaft. Vor allem Fiebersenker und Antibiotika beeinträchtigen das Organ.

Unterschätztes Problem

"Leberschäden als Nebenwirkung von Medikamenten sind ein allgemein unterschätztes Problem", sagt Peter R. Galle, Direktor der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik an der Universitätsmedizin Mainz und Vorstandsmitglied der DGVS. Für den deutschsprachigen Raum gibt es zwar bislang keine Zahlen, aber die Ergebnisse der isländischen Studie lassen vermuten, dass das Problem auch bei uns größer als angenommen ist.

Forscher der Universität Reykjavik hatten in ihrer Studie über zwei Jahre sämtliche Fälle von arzneimittelinduzierten Leberschäden analysiert. Dabei zeigte sich, dass im Durchschnitt 19 von 100.000 Einwohnern pro Jahr einen Leberschaden durch Medikamente erlitten. Die einzige bis dahin vorhandene landesweite Studie – sie stammt aus Frankreich – war von 14 Fällen pro 100.000 Einwohner ausgegangen. Andere Untersuchungen aus Schweden und Großbritannien kamen zu einer Quote von zwei Fällen pro 100.000 Einwohner.

Schwierige Diagnose

Zu den Medikamenten, die häufig die Leber beeinträchtigen, gehörten neben Paracetamol und nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) vor allem Antibiotika. So war die Kombination aus Amoxicillin und Clavulansäure für 22 Prozent der Schäden verantwortlich. "Das Problem ist, dass die Symptome oft unspezifisch und die Diagnose schwierig ist", so Galle.

Neben Appetitlosigkeit und Erbrechen, Fieber, Gelenk-, Muskel- und Bauchschmerzen können auch Juckreiz, Veränderungen der Hautfarbe, sowie Stuhl- und Urinverfärbungen Anzeichen einer Leberbeeinträchtigung sein. "Es ist wichtig, bei diesen Symptomen auch an eine mögliche Leberschädigung zu denken und im Zweifelsfall die Leberwerte zu kontrollieren", so der Experte. Selten, dafür besonderes gefährlich, ist ein akutes Leberversagen: für viele der Patienten verläuft dieses – trotz Behandlung – tödlich.

Einnahme-Empfehlungen beachten

Um unerwünschten Schäden vorzubeugen, rät die DGVS dringend dazu, Einnahme-Empfehlungen der Hersteller zu beachten. "Leberschäden treten häufig durch Überdosierungen oder Überschreitungen der vorgeschriebenen Therapiedauer auf", sagt Galle. Bestätigt sich der Verdacht einer leberschädigenden Wirkung, sollte das betreffende Medikament möglichst rasch abgesetzt werden - immer jedoch in Absprache mit dem behandelnden Arzt. Auch pflanzliche, nicht verschreibungspflichtige Naturheilmittel, könnten auf die Leber toxisch wirken. (red, derStandard.at, 25.6.2013)