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Gefangene werden heutzutage meist nicht durch die Sichtklappe, sondern per Video überwacht. Ihre Intimsphäre sollte dennoch gewahrt bleiben.

Foto: dpa/Oliver Berg

Innsbruck/Salzburg/Wien - In der Justizvollzugsanstalt Innsbruck waren die Toiletten in den Zellen für suizidgefährdete und aggressive Gefangene das Problem. Insassen, die sie benutzten, wurden dabei gefilmt. Denn die Videoüberwachung in derlei Sicherheitszellen reicht immer bis ins letzte Eck.

Das sei ein Eingriff in die Intimsphäre der Gefangenen über das unbedingt notwendige Ausmaß hinaus, stellten die Mitglieder der Volksanwaltschafts-Besuchskommission fest. Entsprechend ihrem Auftrag, präventiv Menschenrechtskontrollen durchzuführen, hatten sie das Gefängnis unangemeldet besucht.

Klebestreifen auf Kameras

In ihrem Bericht forderten sie Verbesserungen. "Und das gelang, ganz unbürokratisch", schilderte die mit Juli scheidende Volksanwaltschaftsvorsitzende Terezija Stoisits bei einem Hintergrundgespräch zur Einjahresbilanz des Nationalen Präventionsmechanismus (NPM). Diesem folgend werden seit Juli 2012 in Österreich alle Orte kontrolliert, in denen Menschen angehalten sind: Justizanstalten, Polizeieinrichtungen, Psychiatrien sowie Alten- und Jugendheime.

In der Justizvollzugsanstalt Innsbruck wurde als Erstmaßnahme auf allen Kameraaugen in Sicherheitszellen ein transparenter Klebestreifen angebracht. Auf den Aufnahmen sind die Gefangenen seither nur mehr schemenhaft erkennbar. "Das ist ein tragbarer Kompromiss zwischen Sicherheitskontrolle und Wahrung der Intimität", meint Christian Timm, stellvertretender Leiter der Strafvollzugsabteilung im Justizministerium. In der Folge sei man das Problem aber systematisch angegangen: "Videoaufnahmen in Sicherheitszellen werden künftig überall verpixelt".

Rund-um-die-Uhr-Beleuchtung abgeschaltet

Für die Menschenrechtskontrolleure seien Neuerungen wie diese ein Erfolg, kommentiert dies Volksanwaltschaftsmitarbeiterin Claudia Marik: " Mittels Präventionsmechanismus sollen Schwachstellen aufgespürt werden, die ohne die Besuche wohl nicht so rasch erkannt würden." Das sei wichtig, denn auch klein erscheinende Probleme könnten zu massiven Verstößen führen.

So sei es infolge der bisher insgesamt rund 400 Besuche der Kommissionen etwa auch gelungen, die Rund-um-die-Uhr-Beleuchtung in Zellen des Polizeianhaltezentrums Salzburg zu beenden. Sie hatte Insassen dort vielfach an die Grenze ihrer psychischen Belastbarkeit getrieben. Um die Videoüberwachung Abzuschiebender und anderer des Nachts weiter zu ermöglichen, wurden Infrarotkameras montiert.

Und in der Polizeiinspektion Vösendorf, wo die Menschenrechtskontrolleure in den im Keller befindlichen Hafträumen Moder und Schimmel vorgefunden hatten, wurde das Mauerwerk trockengelegt. Und es wurde frisch ausgemalt. Auch die aufwändigen Kontrollen in den vielen Polizeiinspektionen am Land seien unverzichtbar, meinte Volksanwältin Stoisits, deren Agenden ab Juli der von der FPÖ nominierte Peter Fichtenbauer übernimmt: "Wenn in einer Zelle der Alarmknopf nicht funktioniert, kann die Situation rasch eskalieren."

Jugendhaft im Argen

Personalnot und, damit zusammenhängend, das Einsperren von Jugendlichen in Zellen übers ganze Wochenende haben laut Falter in der Jugendabteilung der Justizanstalt Josefstadt indes zu schweren Übergriffen gegen einen 14-Jährigen beigetragen: Der Bursch sei von Zellengenossen mit einem Besenstiel vergewaltigt und gezwungen worden, Essen vom Boden aufzuschlecken. (Irene Brickner, DER STANDARD, 26.6.2013)