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Im Wahlkampf setzte Rama auf schlichtes Schwarz.

Foto: REUTERS/Arben Celi

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Die Hausfassaden in Tirana sind seit Ramas Amtszeit bunt.

Foto: EPA PHOTO EPA/ARMANDO BABANI

Mit dem Slogan Rilindja (Wiedergeburt) der albanischen Nationalbewegung des 19. Jahrhunderts steuert der albanische Sozialistenchef Edi Rama (48) dem Sieg bei der Parlamentswahl entgegen und dürfte Regierungschef werden. Vor vier Jahren war ihm das nicht gelungen, und zwei Jahre später verlor er auch noch seinen Posten als Bürgermeister der Hauptstadt Tirana. Bei einem weiteren Flop wäre seine Polit-Karriere wohl zu Ende gewesen. Nun geht sie ihrem Höhepunkt entgegen.

Rama wurde am 4. Juli 1964 mitten in die kommunistische Diktatur hineingeboren. Sport und Kunst prägten sein Leben, ehe er in die Politik ging: Als junger Mann spielte Rama in der albanischen Basketballnationalmannschaft. An der Akademie der Künste ließ er sich zum Maler ausbilden, als noch der staatlich verordnete Sozialistische Realismus vorherrschte, und war später dort Professor, als es Anfang der 1990er Jahre zur politischen Wende kam.

Doch mit den folgenden Entwicklungen unter Präsident Sali Berisha war Rama nicht zufrieden. Wie Zehntausende Landsleute damals wanderte er aus - nach Frankreich.

Ab 2000 Bürgermeister von Tirana

Seine politische Stunde samt Rückkehr in die Heimat schlug, als ihm der sozialistische Ministerpräsident Fatos Nano 1998 den Posten des Kultur-, Jugend- und Sportministers anbot. Schon im Jahr 2000 folgte der nächste Karriereschritt: Mit Unterstützung der Sozialisten (PS) wurde Rama zum Hauptstadt-Bürgermeister gewählt. Für seine Verschönerungsmaßnahmen wurde er über die Grenzen Albaniens hin bekannt. Er ließ illegale Hütten beseitigen, die das Ufer der Lana verschandelten, und sorgte nicht nur für mehr Grün, sondern für einen Farbenreigen der Häuserfassaden, was ihm mehrere Auszeichnungen einbrachte.

Als erste Person an federführender politischer Position, die nicht den alten Eliten entstammt, wurden große Hoffnungen an den Mann mit dem Drei-Tage-Bart geknüpft, als Nano die Parlamentswahl 2005 gegen Berisha verlor und Rama die Führung der Sozialistischen Partei übernahm. Hier begann allerdings eine Durststrecke: Nach vier Jahren gelang es ihm nicht, Berisha an der Macht abzulösen. Er verfiel in das altbekannte Verhaltensmuster von Politiker-Kollegen, Wahlniederlagen nicht anzuerkennen, und fuhr einen Protestkurs gegen den "verkrüppelten Wahlprozess".

Hausfassaden aufgehübscht

Dabei hatten die internationalen Wahlbeobachter 2009 einen relativ fairen Urnengang attestiert. Entscheidend war in der damaligen Patt-Situation vielmehr, dass Ex-Premier Ilir Meta aus dem Mitte-links-Lager ausscherte und Berisha eine Mehrheit beschaffte. Ohne das Potenzial einer großen Oppositionsfraktion zu nutzen, fuhr Rama stur einen Protestkurs einschließlich Parlamentsboykott, Massenprotesten und Hungerstreik. Auf dem Höhepunkt der Konfrontationen wurden bei einer Anti-Regierungsdemonstration in Tirana vier Demonstranten durch Schüsse der Republikanischen Garde getötet. Obwohl die EU-Annäherung in Albanien nationaler Konsens ist, willigte Rama erst kurz vor der Parlamentswahl nach monatelangem Streit ein, von der Union geforderte Reformgesetze mitzubeschließen.

Beobachter gestehen Rama, der 2011 einen weiteren Schlag einzustecken hatte, als er unter knappen und umstrittenen Umständen nach mehr als zehn Jahren seinen Bürgermeistersessel räumen musste, zu, eine Vision für Albanien zu haben, aber nicht unbedingt politische Gewieftheit. Diese könnte er aber nun vor allem im eigenen Lager brauchen. Die Sozialisten sind eine heterogene Partei, deren Gruppen alle u.a. mit Ämtern zufriedengestellt werden wollen, ohne dass sich jemand benachteiligt fühlt. Hinzu kommen Kleinparteien des Lagers um die Sozialisten. Vor diesem Hintergrund wird es Rama schwerlich gelingen, die herrschende Günstlingswirtschaft zu beenden.

Oligarchen im Boot

So er das denn will. Denn immerhin ist er bisher auch nicht gegen die Verbandelung von Politik und Business in Albanien vorgegangen. Im Gegenteil, er setzte Oligarchen auf seine Kandidatenliste für die Wahl, die nun teils als Parlamentsabgeordnete ihre Unterstützung für die PS wohl mit geschäftlichen Erwartungen an die neue Regierung verknüpfen.

Um sich möglichst viele Stimmen zu sichern, hat sich Rama zudem Meta wieder ins Boot geholt, der vielen als korruptester Politiker des Landes gilt. Unter schwerem Korruptionsverdacht stehend, trat Meta als Berishas Vizepremier zurück, entging aber einer Verurteilung, nachdem ein inkriminierendes Video, das ihn offenbar bei der Manipulation von Ausschreibungen zeigte, nicht als Beweismittel zugelassen worden war. Beobachter glauben, Meta könnte insgeheim auf Fehler Ramas warten, um ihn zu beerben.

Blair zieht es nach Albanien

Dann könnte es Meta aber mit dem britischen Ex-Premier Tony Blair zu tun bekommen. Laut einem Bericht des "Guardian" ist Blair bereit, Ramas Ruf, sein Berater zu sein und eine Reformagenda durchzuziehen, folgen.

Hilfe kann Rama auch dabei gut gebrauchen: Er will die EU-Annäherung fortsetzen, und mit der Wirtschaft des Landes steht es nicht zum Besten. Die Staatsverschuldung hat die wichtige Marke von 60 Prozent des Bruttonationalprodukts (BIP) überschritten. In der Krise hat sich das Wachstum auf mickrige 1,5 Prozent abgeschwächt. Vor allem die boomende Bauwirtschaft ist zurückgegangen; es gab Pleiten in der Branche, weil Berisha sie für Straßenbauten nicht mehr aus dem Budget zahlen konnte. Sein "visionäres" Wahlversprechen, 300.000 Arbeitsplätze zu schaffen, wird Rama trotz Tipps von Blair wohl nicht so schnell verwirklichen können. (APA, 26.6.2013)