Triumph für Wladimir Putin. Am Ende hat der russische Präsident die größere Ausdauer und den stärkeren Willen gegenüber der EU-Führung bewiesen. Während das von Brüssel favorisierte Projekt Nabucco offiziell zu den Akten gelegt wird, ist der russische Konkurrent South Stream schon eifrig bei den Bauvorbereitungen. Diese Woche hat die Ausschreibung für den ersten und schwierigsten Teil der Pipeline, die Querung des Schwarzen Meeres, begonnen: Gesucht wird sowohl ein Röhrenlieferant als auch ein Bauherr, der die Rohre über eine Strecke von 925 Kilometern und bis zu 2250 Meter tief im Meer versenkt.

Allein der Lieferauftrag für den ersten Unterwasserstrang beläuft sich Experten zufolge auf etwa zwei Milliarden Euro. Insgesamt soll die Pipeline offiziellen Schätzungen zufolge mit etwa 16 Milliarden Euro zu Buche schlagen, wobei South-Stream-Hauptaktionär Gasprom die Kosten für die Erweiterung seines Gasverteilernetzes zum Schwarzen Meer nicht in die Rechnung einbezieht.

"Aus wirtschaftlicher Sicht ist South Stream für Gasprom nicht sinnvoll" , urteilt daher Alexej Kokin, Senior Analyst für den Öl- und Gassektor bei der Bank Uralsib. Rentieren werde sich der Bau trotz einer Lieferkapazität von 63 Milliarden Kubikmeter nicht. Für Gasprom hätte es lukrativere Förder- und Pipelineprojekte gegeben, sagte Kokin dem Standard.

Kreml forciert den Bau

Doch South Stream ist in erster Linie ein politisches Projekt, dessen Hauptziel darin besteht, das unbequeme Transitland Ukraine zu umgehen. Die Idee zum Bau entstand nicht zufällig zur Zeit der Regentschaft Wiktor Juschtschenkos in Kiew, den mit Putin eine herzliche Feindschaft verbindet. Unter Juschtschenko kam es auch zum größten Gasstreit zwischen beiden Ländern.

Zudem richtete sich South Stream auch von Anfang an gegen Nabucco - trotz gegenteiliger Behauptungen aus beiden Lagern. Kampflos wollte Russland seine Marktanteile auf dem europäischen Gasmarkt natürlich nicht aufgeben, und so entwickelte sich ein verdecktes Tauziehen um potenzielle Lieferanten aus dem zentralasiatischen GUS-Raum. Der Kreml nutzte seinen Einfluss in der Region geschickt, um kon-krete Lieferzusagen zu verhindern.

So war South Stream Nabucco stets einen Schritt voraus. Spätestens als im vergangenen Winter im Schwarzmeerkurort Anapa offiziell - und natürlich in Anwesenheit Putins - die ersten Röhren der Pipeline verschweißt wurden, hatte South Stream seine Konkurrentin abgehängt. " Mit dem offiziellen Ende von Nabucco ist das Risiko, dass der Bau noch gestoppt wird, praktisch gen null gesunken", meint Kokin. (ab, DER STANDARD, 27.6.2013)