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Horst Pirker rührt auch in der Müllbranche um.

Foto: AP Photo/ Winfried Rothermel

Graz - Die steirische Müllbranche ist einigermaßen in Aufruhr. Und mit ihr die dafür zuständige Landespolitik. Landesrat Hans Seitinger (ÖVP) meint sogar: "In der steirischen Müllszene fliegen die Fetzen." Der Grund der Aufregung: Extreme Dumpingangebote von Firmen, die bloße Müllverbrennung anbieten, wirbeln die Branche durcheinander und bringen die bisherige Kultur der Mülltrennung, -aufbereitung und -verwertung gehörig ins Wanken. Statt 170 Euro pro Tonne werden Gemeinden jetzt Angebote um 66 Euro offeriert.

Mit diesem Kampf um Dumpingpreise stehe nicht nur "die bisher hochstehende Qualität der Müllentsorgung-und -verwertung" auf dem Spiel, sondern in der Konsequenz auch die Existenz zahlreicher kleinerer Betriebe, die den Preiskampf nicht mitmachen könnten, warnt Seitinger. Es gehe auch um 2600 Arbeitsplätze in der Abfallwirtschaft. Der " Müllpreiskrieg" werde demnächst ganz Österreich erfassen, vermutet der Landesrat.

In die Billigschiene gedrängt

Im Zentrum des Wirbels steht Horst Pirker. Der ehemalige Boss des Medienkonzerns Styria und jetzige Vorstandsvorsitzende des Müllentsorgungsunternehmens Saubermacher (4200 Mitarbeiter, 300 Millionen Euro Umsatz). Sein Unternehmen, dessen industrielle Infrastruktur an sich auf eine hoch spezialisierte Verwertung des Mülls aufgebaut ist, mischt jetzt mit einer eigenen Firma im Dumpinggeschäft mit.

Saubermacher hatte zuletzt mit jenen 66-Euro-Angeboten drei Ausschreibungen von Kommunen gewonnen. Gegen zwei reine "Müllverbrenner". Man sei in diese Billigschiene hineingedrängt worden, behauptet Pirker. Denn der Markt habe sich radikal verändert: Auf der einen Seite verfüge Österreich über enorme Mengen ungenutzter Kapazitäten in der Müllverbrennung, die mit öffentlichen Geldern aufgebaut worden seien. 

Qualität bei Ausschreibungen oft nachrangig

Auf der anderen Seite suchten die chronisch finanzschwachen Gemeinden nach Einsparmöglichkeiten. Da nun "Müllverbrenner" auf den Markt drängen, habe eben auch Saubermacher eine "Billigmarke" gegründet, um auch auf dem neuen Diskontmarkt präsent zu sein. Der radikale Preissturz hat in kommunalen Müllverbänden natürlich Krisensitzungen ausgelöst, denn viele Gemeinden sind nach wie vor an langfristige Verträge - auch mit Saubermacher - gebunden.

Mit Preisen zwischen 150 bis 170 Euro. "Wir werden mit jedem verhandeln", verspricht Pirker, der den Kommunen eine Mitschuld an der Situation gibt, weil diese bei Ausschreibungen nur noch auf den Preis und nicht auf die Qualität der Entsorgung (Recycling etc.) schauten.

ÖVP-Politiker Seitinger sieht jedenfalls die Gefahr, dass der ganze Markt Richtung Müllverbrennung kippt. Er überlegt nun neue Regulativa. (Walter Müller, DER STANDARD, 27.6.2013)