Bild nicht mehr verfügbar.

Der delikate Trompeter Tomasz Stanko.

Foto: Archiv

TOMASZ STANKO / NEW YORK QUARTET
Wislawa
(ECM/Lotus)
Melancholisch geht es zunächst zur Sache: Trompeter Tomasz Stanko ist da der bekannte Meister der edlen, trauerumflorten Linie, die er in dem Stück "Wislawa" eben Wislawa Szymborska gewidmet hat. Die polnische Lyrikerin und Literaturnobelpreisträgerin (1923-2012) nennt der polnische Musiker generell eine Inspiration, Szymborska zu lesen hätte ihm "Ideen und Einsichten" beschert. Schließlich: Sie zu treffen und mit ihr zu reden hätte ihm speziell für diese Musik Anregungen geschenkt. Nun ist es aber so, dass selbst, würde man durch Stanko nicht bezüglich des Einflusses ins Bild gesetzt worden sein, man doch einfach auch dessen Stil genießen könnte. Stanko und sein formidables jazzklassisch angelegtes Quartett ist mit hoher Flexibilität unterwegs, es versteht also, vom sanften Tonfall auf eine dynamische Ebene zu wechseln (Stück: "Assassins"), auf der Stanko auch sein anderes Gesicht zeigt: Er ist nämlich auch ein versierter Hardbop-Veteran, der seine Soli auch in freitonale Regionen führt. Im Grunde ist auf dieser Dopplel-CD aber Balladenflair dominant. In abgeklärter und doch konzentrierter Form.

GEORGE BENSON
Inspiration
(Universal)
Ist doch eine hübsche Überraschung: Legt man die CD ein, lacht einen gleich eine Kinderstimme an, die Nat King Coles "Mona Lisa" trällert und sich dabei mit einer Ukulele begleitet. Es ist eine Botschaft aus ferner Zeit, es singt und spielt der achtjährige George Benson. Hätte man jetzt nicht erwartet, so etwas zu hören. Die Version soll indes verdeutlichen: Der Pianist und Inhaber einer magischen Stimme, Nat King Cole, war schon früh wichtig für Benson, der diese CD also ganz der Würdigung des Vorbilds widmet. Er tut es mit mainstreamigen Jazzmitteln: Hier ist der Sound der schmusigen 1960er zu hören, als der Jazz bisweilen auch in die Hitparaden kam. Ja, Wynton Marsalis ist auf "Unforgettable" dabei, auch "Nature Boy" erscheint in einem originalen Arrangement von Nelson Riddle. Und auch Till Brönner, der virtuose deutsche Schmusetrompeter ist dabei, bei "Charlie Chaplins Smile". Man hört, was man weiß: Benson ist ein guter, aber kein überragender Sänger. Sein künstlerischer Kern ist das Gitarrespiel. Aber vor allem hört man, dass hier konzeptuell gedacht wurde und nicht einfach eine weitere Benson-CD erschien. Das tröstet über manch altmodischen Kitsch hinweg.

ERIC SCHAEFER
Who is afraid of Richard W.?
(ACT/Edel)
Es konnte ja in seinem Jahr 2013 nicht ausbleiben: Heuer begeht man den 200. Geburtstag von Richard Wagner, und auch improvisierende Menschen juckt es, sich verarbeitend an die Opernideen des Bayreuther Meisters heranzuwagen. Schlagzeuger Eric Schaefer tut es im Quartett (mit Trompete, Orgel und Bass an seiner Seite) und ist dabei gar nicht zaghaft. Gut so. Hier ist keine brave Adaption des Riesenwerks zu vernehmen. Isoldes Schlussgesang wird zwar melodiös der Trompete überantwortet, das ja. Aber dann kommt es doch zur glaubwürdigen improvisatorischen Verarbeitung. Auch das Tristan-Vorspiel wird in ein schummrig-subjektives Licht getaucht. Ein legitimer, weil interessanter Zugang zum Original. (tos, Rondo, DER STANDARD, 28.6.2013)