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Ein Schritt nach dem anderen.

 

Foto: EPA/Okten

London - Nicht wenige hatten vor der Wimbledon-Auflage 2013 gemeint, Jürgen Melzer würde wegen seiner Leistenverletzung das Erstrunden-Preisgeld abholen und sich danach auf seine Gesundung konzentrieren. Doch mit einem Schlag winkt Österreichs Tennis-Nummer-1 an der Londoner Church Road die Gunst der Stunde. In Runde drei trifft der 32-jährige Österreicher am Freitag auf den Weltranglisten-116. Sergij Stachowski, der mit Roger Feder sensationell den Titelverteidiger eliminiert hat.

Melzer steht nach seinen beiden Viersatzsiegen über Fabio Fognini (ITA) und den Deutschen Julian Reister damit plötzlich der Weg ganz weit hinein in das Turnier offen. Zwingt er auch den Federer-Bezwinger in die Knie, wartet im Achtelfinale entweder der Spanier Nicolas Almagro (15) oder der Pole Jerzy Janowicz (24). Danach wegen der frühen Ausfälle von Rafael Nadal (5), Stanislas Wawrinka (11) und John Isner (18) einer aus einem Quartett, in dem der Franzose Benoit Paire (25) der höchstgesetzte Spieler wäre.

Serve & Volley

Doch Melzer wollte nicht zu weit nach vorne blicken. "Ein Match gegen Federer wäre natürlich etwas Besonderes gewesen", gab der Niederösterreicher zu. "Aber Stachowski nehme ich natürlich auch." Melzer hofft auf einen bestimmten Effekt. "Nach so einem Sieg gegen Federer ist es im Match danach immer schwieriger nach dem Hoch, zudem dann auf einem kleineren Platz. Ich bin ready", hoffte der Deutsch-Wagramer darauf, dass bei Stachowski nach dem Gewaltakt gegen Federer etwas die Luft draußen sein könnte.

Doch der 27-jährige Spaßvogel aus Kiew befindet sich auf einem Höhenflug. Gegen Federer zeigte der 1,93 m große Aufschlag-Kanonier vom ersten bis zum letzten Ballwechsel unverzagtes Serve-and-Volley-Tennis. "Das ist das beste Tennis, das ich je gespielt habe", jubelte der Ukrainer, der sich nur selten ein Blatt vor den Mund nimmt und in der Szene als Mann mit viel Humor gilt. Lustige bis bissige Kommentare oder Aktionen wie das - verbotene - Fotografieren eines Ballabdrucks wie zuletzt in Paris, so etwas kann man von Stachowski immer erwarten.

Am Freitag ist aber Schluss mit lustig, denn für beide Kontrahenten geht es um viel. Stachowski muss seinen Sensationserfolg bestätigen, und dem in der Weltrangliste auf Platz 37 abgerutschten Melzer bietet sich die Chance, einer bisher durchwachsenen Saison doch noch eine großen Schub zu geben, ehe er sich operieren lassen will. Österreichs Topspieler hatte vor dem Turnier erfahren, dass ein Leistenbruch der Grund seiner Hüftprobleme ist.

Bobbele beruhigt

Bisher hat Melzer aber die Zähne erfolgreich zusammengebissen und die Probleme schlichtweg ignoriert. Denn Wimbledon ist sein Lieblingsturnier. "Ich habe hier Junioren, Doppel und Mixed gewonnen, ich komme immer sehr gerne hierher zurück", erklärte er.

Die rutschigen Rasenplätze, die womöglich mit ein Grund für die zahlreichen Stürze und Aufgaben sind, haben die beiden Drittrunden-Kontrahenten bisher nicht gestört. Und der neue "Groundsman" Neil Stubley beteuerte angesichts der zahlreichen Kritik am Donnerstag: "Wir sind zu hundert Prozent glücklich mit dem Zustand der Plätze. Es gibt keine Unterschiede zu den vergangenen Jahren."

Boris Becker, u.a. durch seine Hechtrollen in Wimbledon berühmt geworden, pflichtete dem bei. "Das Gras ist am Beginn einfach rutschiger. Das war hier schon in den vergangenen hundert und mehr Jahren so", sagte der Deutsche. (APA, 27.6.2013)