Wien - Migranten und Menschen mit Hör- oder Sprachbehinderungen fällt es oft schwer, Leistungen im Gesundheitswesen in vollem Umfang zu nutzen: Sie können sich ihren Gesprächspartnern, den Ärzten oder Pflegepersonen, mitunter nur eingeschränkt vermitteln. Umgekehrt sind wichtige Details zu Diagnose oder Therapie für die Betroffenen schwer verständlich und führen dazu, dass Patientenkarrieren unnötig verlängert werden.

"Verständliche Information über die Behandlung in einem persönlichen Gespräch ist Patientenrecht und kann Haftungsfolgen bei Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht und damit des Behandlungsvertrages nach sich ziehen", sagt Maria Kletecka-Pulker, Geschäftsführerin der Plattform Patientensicherheit und Leiterin des Projektes "Videodolmetschen im Gesundheitswesen".

Oktober 2013

Ab Herbst werden in elf österreichischen Krankenhäusern und bei zehn niedergelassenen Ärzten auf Knopfdruck ausgebildete Fachdolmetscher zur Verfügung stehen, wenn es für das Arzt-Patienten-Gespräch notwendig ist. Spezielle für den Gesundheitsbereich geschulte Dolmetscher werden für die Sprachen Türkisch, Bosnisch, Kroatisch, Serbisch und Gebärdensprache jeweils von Montag bis Sonntag in der Zeit von 6.00 bis 22.00 Uhr über Videozuschaltung erreichbar sein. Das Pilotprojekt wird im Oktober 2013 eingeführt.

In Kalifornien (USA) wurde bereits vor mehr als sieben Jahren ein Netzwerk an Dolmetschern und Krankenhäusern gegründet. "Wir haben bereits mehr als 900 Millionen Gespräche absolviert, die im Schnitt zehn Minuten dauern. Zur Verfügung stehen derzeit 200 Dolmetscher in 25 Sprachen für 45 Krankenhäuser", beschreibt die Gründerin des "Health Care Interpreteur Netzwerkes" Melinda Paras, Paras & Associates, die Situation in den USA.

Kommunikationsmittel Sprache

Gerhard Aigner vom Bundesministerium für Gesundheit von der Umsetzung eines derartigen Angebotes in Österreich überzeugt. Wie wichtig das Dolmetschangebot gerade in der Pflege ist, betont auch Ursula Frohner, Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes: "Die Sprache ist das einzige Mittel, in dem Patienten ihre Nöte, Symptome und Ängste ausdrücken können."

In dieselbe Kerbe schlägt Gerald Bachinger, Sprecher der Patientenanwälte Österreichs: "Verstehen und verstanden werden muss ein zentrales Anliegen im Gesundheitssystem sein. Das Projekt ist aus rechtlicher, ethischer und humanitärer Sicht dringend notwendig. Wenn es keine qualitätsvolle Behandlung gibt, werden die Folgekosten für das System weit höher sein." (red, derStandard.at, 28.6.2013)