Linz - Sieben Nächte habe er darüber geschlafen, doch er sehe sich "außerstande, Einfluss auf die Geschicke zu nehmen". Deshalb verkündete der Dekan der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Uni Linz, Meinhard Lukas, am Freitag: "Ich lege die Funktion des Rechtsberaters der Stadt Linz im Swap-Verfahren gegen die Bawag mit sofortiger Wirkung zurück." Der Grund, warum er besagte Geschicke nicht mehr lenken könne: der parteipolitische Streit in Linz.

Ausgangspunkt des Konflikts ist eine riskante Zinswette, mit der Linz einen Franken-Kredit absichern wollte. Das Geschäft mit der Bawag entpuppte sich als Mega-Verlust, mittlerweile wird am Handelsgericht Wien prozessiert. Streitwert: 450 Millionen Euro. Die Staatsanwaltschaft Linz ermittelt zudem gegen den Ex-Finanzdirektor der Stadt, gegen Finanzstadtrat Johann Mayr (SP) sowie gegen unbekannte Täter im Umfeld der Bank.

Ausgerechnet in der entscheidenden Prozessphase habe jedoch das politische Klima in Linz einen "neuen Tiefpunkt" erreicht, kritisiert Lukas, der weiterhin für das Land Salzburg dessen Spekulationsgeschäfte aufarbeitet. Ende Juli komme es zum Aufeinandertreffen von Bürgermeister Franz Dobusch (SP) und Byron Haynes von der Bawag. Die Stärke der Stadt bei diesem Vergleichsgespräch hänge wesentlich davon ab, wie geschlossen sie auftrete. Doch statt auf Geschlossenheit treffe Lukas derzeit auf einen zerstrittenen Gemeinderat.

"Unverantwortliche politische Manöver"

Seit Wochen kommt es zwischen den Fraktionen zu wechselseitigen Schuldzuweisungen, Rücktrittsaufforderungen Richtung Mayr und Dobusch und jüngst sogar zu Neuwahlforderungen von VP, Grüne und FP. Dabei sollte "doch jedem bewusst sein, dass es ein Rechtsstreit von existenzieller Bedeutung für die Stadt ist", spart der Dekan nicht mit Vorhaltungen. Die "parteipolitischen Manöver" finde er "unverantwortlich. Daher gibt es für mich nur die eine Konsequenz, dass ich die Beraterfunktion zurücklege."

Vizebürgermeister Erich Watzl (VP) bedauert den Schritt des Rechtsexperten, zeigt sich angesichts der Kritik aber ungerührt. Es werde erst ein Ende der Diskussion geben, wenn die "politisch verantwortliche SP den Weg freimacht für einen Neuanfang". Vorgezogene Wahlen wird es wohl dennoch nicht geben, denn VP, Grüne und FP verfügen im Gemeinderat nicht über die notwendige Zweidrittelmehrheit.

Auch die Grünen nahmen Lukas' Entscheidung " mit Bedauern" auf. Sie teilen jedoch dessen Auffassung, dass das politische Klima in der Stadt "tatsächlich an der Grenze des Erträglichen" sei. Die FP zeigt sich über den Lukas-Rücktritt "entsetzt", weil damit der Rechtsstandpunkt im "geradezu lebenswichtigen Swap-Prozess" erschüttert sei. Von der SPÖ war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu erhalten. (Kerstin Scheller, STANDARD, 29.6.2013)