In der Eberlgasse 3 werden derzeit acht Wohnungen mittels Förderung der Stadt Wien "sockelsaniert", zwei weitere Wohnungen entstehen neu im Dachgeschoß.

Foto: PID/Jobst

In der Eberlgasse in Wien-Leopoldstadt wird seit Dezember ein Haus aus der Gründerzeit saniert – und zwar zu einem Passivhaus. Wegen der strukturierten Fassade galt das bei Gründerzeithäusern bisher als äußerst schwierig bis unmöglich; außen lässt sich da kein Vollwärmeschutz anbringen, und Innendämmung ist bei diesen Häusern bautechnisch kaum umzusetzen und außerdem wegen des großen Nutzflächenverlustes oft nicht wirtschaftlich.

Bewegte Geschichte

Möglich wurde die Passivhaus-Sanierung - die wahrscheinlich weltweit erste eines Gründerzeithauses - letztlich durch ein schicksalhaftes Ereignis in der bewegten Geschichte des Hauses. Errichtet wurde es im Jahr 1888. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg stand es im Besitz des jungen jüdischen Ehepaars Fiala, das 1938 allerdings vor den Nationalsozialisten flüchten musste.

1944 führten die Nazis eine Zwangsenteignung durch. Ein Jahr später, im April 1945, wurde die Straßenfassade des Hauses durch drei Bombentreffer zerstört.

Rückstellung samt Bauauftrag

1948 wurde die Liegenschaft an das Ehepaar, das selbst nicht mehr nach Wien zurückkehren sollte, "rückgestellt", gleichzeitig wurde ein Bauauftrag zum Wiederaufbau ausgestellt. Dieser wurde 1952 abgeschlossen, die ursprünglich neoklassizistische Gründerzeitfassade wurde dabei aber nicht wieder hergestellt – ein "Glücksfall", wie sich herausstellte: Denn nur deshalb war es nun möglich, die Gebäudehülle entsprechend der Passivhauskriterien zu dämmen.

Üppige Förderung der Stadt

2009 erwarb der Unternehmensberater Andreas Kronberger gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Robert Liska das Haus und begann ein Jahr später mit den Vorarbeiten für die Passivhaus-Sanierung. Beim Wohnfonds Wien wurde um Förderung angesucht, die schließlich auch gewährt wurde – und zwar nicht zu knapp: Die insgesamt 1,1 Millionen Euro teure "Sockelsanierung" wird von der Stadt Wien mit 490.000 Euro bezuschusst, über weitere 257.000 Euro wurde ein Landesdarlehen gewährt.

Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) sieht das Bauvorhaben als Pilotprojekt an, das umfassend evaluiert und so weitere Erkenntnisse zur Passivhaussanierung bewohnter Gründerzeitgebäude liefern soll. Begleitet wird die Sanierung zu diesem Zweck sowohl von der Wiener Wohnbauforschung als auch vom Programm "Haus der Zukunft" des Infrastrukturministeriums.

Das gesamte Gebäude wird nach der Sanierung eine Wohnnutzfläche von rund 830 m² aufweisen - inklusive zweier neuer Dachgeschoßwohnungen, die laut Kronberger allerdings "nicht Teil des Sanierungsprojekts" sind.

Bewohner müssen nur drei Wochen raus

Für die Planung zeichnete das Bauphysiker-Büro Schöberl & Pöll verantwortlich. Die Bauarbeiten starteten im Dezember 2012, mit den Mieterinnen und Mietern wurde für die Dauer der Arbeiten eine reduzierte Miete vereinbart. Nach dem für Anfang nächsten Jahres geplanten Ende der Bauarbeiten wird die Nettomiete für 15 Jahre angehoben werden, danach soll sie sich wieder "am Wiener Richtwert orientieren", wie es hieß.

Die Bewohner des Hauses müssen übrigens nur jeweils für rund drei Wochen ihre Wohnungen verlassen; in diesen "Intensivphasen" werden die notwendigen Arbeiten im Inneren, etwa die Installation der Lüftungsanlage, vorgenommen.

Heizwärmebedarf wird um 90 Prozent reduziert

Der Heizwärmebedarf wird von 151,27 kWh/m²/a auf Passivhaus-geeignete 11,11 kWh gesenkt und somit um mehr als 90 Prozent reduziert – u.a. mittels aufwändiger Wärmedämmung der Kellerdecke, Einbau von Passivhausfenstern und –balkontüren und natürlich der entsprechenden Dämmung sämtlicher Fassaden. Für die Komfortlüftungsanlage wird in jeder Wohnung ein Installationsschacht sowie fallweise auch eine abgehängte Decke errichtet, um die Frischluftverteilung gewährleisten zu können, wie Schöberl erklärte. Warmwasser und Heizung werden durch eine Grundwasser-Wärmepumpe gewährleistet, außerdem wird eine Photovoltaikanlage am Dach zur Abdeckung des haushaltsbezogenen Strombedarfs der Dachgeschosswohnungen errichtet.

Barrierefrei wird das Gebäude "wo es geht", so Kronberger; im Erdgeschoß habe man eine komplett barrierefrei zugängliche Wohnung, für den barrierefreien Zugang aller anderen Wohnung wird ein Personenlift eingebaut. (Martin Putschögl, derStandard.at, 28.6.2013)