Schweden wird in Sachen EZA oft als Vorbild genannt: Mit einem Anteil von 0,99 Prozent am Bruttonationaleinkommen blieb das Land 2012 nur knapp unter dem nationalen Ein-Prozent-Ziel und lag im OECD-Vergleich auf Platz zwei hinter Luxemburg. 2013 soll der Anteil wieder ein Prozent erreichen.

Seit dem Antritt der bürgerlichen Koalition unter Fredrik Reinfeldt im Jahr 2006 steht aber auch in Schweden die Entwicklungshilfe stärker im Blickpunkt. Die zuständige Ministerin Gunilla Carlsson von den konservativen Moderaten fand bei den Koalitionspartnern keine Zustimmung für das kurz nach dem Machtwechsel postulierte Ziel ihrer Partei, die Ein-Prozent-Vorgabe auf 0,7 Prozent zu schrumpfen. Unter dem Motto "Ergebnisorientierung" fokussiert sie darauf, das lange vorherrschende "Gießkannenprinzip" aufzubrechen, Hilfe stärker an konkrete Bedürfnisse zu koppeln und Ergebnisse besser zu kontrollieren. Ein Vorhaben, das, wie sie erst kürzlich einräumen musste, "viel mehr Zeit braucht als gedacht" und zu teils schweren Konflikten geführt hat, nicht zuletzt mit der Zentralbehörde für internationale Entwicklungszusammenarbeit, SIDA.

Länder im südlichen Afrika, Afghanistan und Nahostkonfliktgebiete

Unter Carlsson sind Firmen stärker in die EZA eingebunden worden, und mit der Vergabe von Kreditgarantien in Entwicklungsländern hat die SIDA ein erfolgreiches Betätigungsfeld erschlossen.

Etwa ein Drittel der EZA-Gelder wird über internationale Organisationen kanalisiert, zwei Drittel fließen über bilaterale Abkommen direkt in die Empfängerländer. Vor allem sind dies Länder im südlichen Afrika sowie Afghanistan und die Konfliktgebiete in Nahost. Wichtigste Ziele sind die Förderung von Demokratie und Menschenrechten, die Gleichstellung der Frau und der langfristige Klimaschutz. In jüngster Zeit hilft Schweden verstärkt Bürgerrechtsaktivisten mit Internetdiensten, etwa mit Verschlüsselungsprogrammen für Mitteilungen.

Für harte Kritik der Opposition sorgt die Tatsache, dass wachsende Anteile des Entwicklungshilfehaushalts - geplant für 2013 sind 11,6 Prozent - nicht direkt in Entwicklungsländer fließen, sondern in die Aufnahme von Flüchtlingen in Schweden. Die Regierung begründet dies mit den größten Flüchtlingsströmen nach Schweden seit Beginn der 1990er-Jahre.

In Norwegen, das 2012 0,93 Prozent seines Bruttonationaleinkommens in Entwicklungshilfe investierte, wird derzeit vor allem diskutiert, inwieweit Investitionen in den Energiebereich so wie bisher als Entwicklungshilfe verbucht oder gesondert aufgeführt werden sollen. Der Klimaschutz gilt neben der Stärkung der Frauenrechte als vorrangiges Ziel. Mit Abstand größter Empfänger ist Brasilien, wo der Energie-Gigant Norwegen in Wasserkraft investiert und das Land für eine reduzierte Regenwaldabholzung entschädigt. (Anne Rentzsch aus Stockholm, DER STANDARD, 1.7.2013)