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Snowdens Brief an die polnische Botschaft in Moskau.

Foto: EPA/LESZEK SZYMANSKI POLAND OUT

Moskau/Washington - Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden bemüht sich nach Angaben von Wikileaks auch in Österreich um politisches Asyl. Einer am Montag von der Enthüllungsplattform veröffentlichten Liste zufolge beantragte der 30-Jährige in Österreich und 19 weiteren Ländern Asyl als politischer Flüchtling - darunter Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Irland, Norwegen, Polen, die Schweiz und Spanien.

Außerhalb Europas habe sich Snowden neben dem bekannten Antrag auf Asyl in Ecuador auch um Aufnahme in weiteren Ländern bemüht, darunter in China, Bolivien, Brasilien und Kuba. Die vollständige Liste finden Sie hier.

Mikl-Leitner: Keine Grundlage für Asylverfahren in Österreich

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bestätigte am Dienstagvormittag, dass Snowden Asyl in Österreich beantragt hat. Der Antrag sei Montagnachmittag via E-Mail bei der österreichischen Botschaft in Moskau eingegangen. Das Ansuchen sei aber keine Grundlage für ein Asylverfahren, denn ein Asylantrag müsse persönlich und im Inland - also in Österreich - gestellt werden. Über die Botschaft sei ein solcher Antrag also nicht möglich. 

"Kein internationaler Haftbefehl"

Dass Österreich Snowden abschieben würde, sollte er ins Land einreisen, verneinte Mikl-Leitner: "Es liegt kein internationaler Haftbefehl vor." Über den Vorstoß von Grünen-Chefin Eva Glawischnig, dem ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter Asyl zu gewähren, sagte die Ministerin: "Ich halte nichts von politischen Zurufen." Die Asylbehörde beziehungsweise der Asylgerichtshof seien dafür zuständig und würden in einer solchen Angelegenheit eine Einzelfallentscheidung treffen.

Wikileaks zufolge wurden Schreiben mit einem Asylbegehren an Snowdens derzeitigem Aufenthaltsort auf dem Moskauer Flughafen an einen russischen Offiziellen übergeben, der die Schriftstücke an die jeweiligen Botschaften weiterreichen sollte. Die USA werfen dem 30-Jährigen, der die Spähprogramme der USA und Großbritanniens gegen Verbündete enthüllt hatte, Landesverrat vor und fordern seine Auslieferung.

Deutschland, Spanien, Finnland, Norwegen weisen zurück

Auch mehrere andere europäische Staaten bestätigten, bei denen ein Asylgesuch eingegangen ist, verwiesen auf die Rechtslage, wonach ein entsprechender Antrag im jeweiligen Land selbst gestellt werden müsse, darunter etwa Deutschland, Spanien, Finnland und Norwegen. Polen erklärte, es werde einen Asylantrag nicht befürworten. Der Schweizer Außenminister Didier Burkhalter konnte am Dienstag in Wien nicht bestätigen, dass Snowden in seinem Land Asyl beantragt habe.

Zuerst stand auch Russland auf dieser Liste. Der von den USA gesuchte Snowden habe seinen Antrag auf Asyl in Russland aber zurückgezogen, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Dienstag laut Agenturberichten. Grund seien die von Präsident Wladimir Putin genannten Asyl-Bedingungen.

Russland will Snowden weiterhin nicht ausliefern

Putin hatte am Vortag gefordert, dass Snowden aufhören müsse, mit seinen Enthüllungen den USA zu schaden. Wenn er sich daran halte, könne er in Russland bleiben. Nach Darstellung von Kreml-Sprecher Peskow hält Snowden diese Bedingung für unannehmbar. Dieser halte sich für einen echten Kämpfer für Wahrheit und Gerechtigkeit, sagte Peskow. Nach Kreml-Angaben wird Russland ihn aber weiter nicht ausliefern, weil in den USA die Todesstrafe verhängt werde.

Snowden hält sich offenbar weiter im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo auf. Er hat weder einen gültigen Pass noch ein russisches Visum.

Ecuador zögert

Auch Ecuador rückt offenbar immer weiter von Snowden ab. Präsident Rafael Correa sagte in einem Interview der britischen Zeitung "The Guardian", sein Land habe dem US-Informanten nie zur Flucht verhelfen wollen und prüfe einen Asylantrag derzeit noch nicht. Snowden müsse erst ecuadorianischen Boden erreichen, ehe Ecuador einen Asylantrag bearbeiten könne.

Russland sei nun am Zuge. "Sind wir dafür verantwortlich, ihn nach Ecuador zu bringen? Das ist nicht logisch", sagte Correa. Es liege an Russland, Snowden ein Reisedokument auszustellen.

Snowden kritisiert Obama

Snowden hatte am Montag in seiner ersten öffentlichen Stellungnahme seit der Flucht die USA scharf kritisiert. In der auf dem Enthüllungsportal Wikileaks veröffentlichten Erklärung warf er der US-Regierung Täuschung vor und bezeichnete sich angesichts seiner für ungültig erklärten Papiere als "staatenlos". Lobend äußerte er sich in einem Brief über Ecuador, wo er politisches Asyl beantragt hat.

Noch vor wenigen Tagen habe US-Präsident Barack Obama bekräftigt, er werde kein diplomatisches Gezerre in seinem Fall zulassen, hieß es in der von Snowden unterschriebenen Erklärung. Nun habe er Vizepräsident Joe Biden aber damit "beauftragt, die Anführer jener Länder unter Druck zu setzen, von denen ich Schutz erbeten habe, damit sie meine Asylgesuche ablehnen". Diese Form der Täuschung sei ein altbekanntes "Mittel der politischen Aggression". Sie dienten weniger ihm selbst als vielmehr zur Abschreckung "aller, die nach mir kommen". Es ließ sich allerdings zunächst nicht verifizieren, dass die auf wikileaks.org veröffentlichten Zeilen tatsächlich von Snowden stammen.

EU spricht von "Vertrauensbruch"

Unterdessen reißt die Aufregung in Europa über die Enthüllungen des 30-Jährigen nicht ab. Nach Berichten über die massive Ausspähung durch US-Geheimdienste ist bei der EU von einem "Vertrauensbruch" durch die USA die Rede. "Wenn es wahr ist, dass die Amerikaner ihre Verbündeten ausgespäht haben, wird es einen politischen Schaden geben", hieß es am Montag aus EU-Kreisen.

Die Europäische Union hat als Reaktion am Montag US-Botschafter William Kennard vorgeladen. Kennard solle darüber mit EU-Spitzendiplomat Pierre Vimont sprechen, teilte die EU mit. Außerdem habe die Außenbeauftragte Catherine Ashton mit US-Außenminister John Kerry das Thema angesprochen. Kerry bestätigte das Gespräch, nannte aber keine Einzelheiten. Die EU hat Aufklärung über Medienberichte verlangt, wonach unter anderem die Europäische Vertretung in Washington mit Abhörgeräten verwanzt wurde.

Spindelegger traf amerikanischen Botschafter

Am Montagabend fand auch ein Treffen zwischen dem Wiener US-Botschafter William Eacho und Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) statt. Spindelegger habe dem Botschafter die Besorgnis der Österreicher angesichts der Vorwürfe ausgedrückt und eine rasche Aufklärung gefordert, hieß es danach aus dem Ministerium.

Eacho habe ihm in dem Gespräch konkrete Antworten auf die bereits vor drei Wochen von Innenministerin Mikl-Leitner überreichten 16 Fragen zur US-Abhöraffäre zugesichert, sagte Spindelegger in der "ZiB 2" am Montagabend. Er erwarte sich nun "möglichst rasch, binnen Tagen" eine Antwort und Klarheit darüber, ob US-Abhöraktionen in Österreich ausgeschlossen werden können. "Damit wir nicht wieder überrascht werden von irgendwelchen Enthüllungen", so Spindelegger. (APA, 2.7.2013)