Worum geht's: Leser Walter Kottnig will per E-Mail wissen, was es mit der Behauptung von Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) auf sich hat, dass die Klassenschülerhöchstzahl auf 25 Schülerinnen und Schüler gesenkt wurde.
Stimmt's?: Eines vorweg: Auch wenn im politischen Sprachgebrauch von einer Senkung der Klassenschülerzahl auf 25 die Rede ist, handelt es sich dabei nur um einen Richtwert, was auch Ministerin Schmied betont.
Dieser Richtwert wird deswegen auch überschritten und gilt auch nur für Volksschulen, Neue Mittelschulen, Hauptschulen und polytechnische Schulen sowie für die AHS-Unterstufe. Für die Oberstufe der Gymnasien gilt eine mittlere Obergrenze von 30 Jugendlichen pro Klasse, ein Umstand, der bei Befürwortern der allgemeinen höheren Schulen zur Verärgerung führt. So sah der Lehrergewerkschafter Eckehard Quin 2011 in der Bildungspolitik der Ministerin einen Angriff auf das Gymnasium: "Ihr Ziel ist, die Schulart AHS umzubringen."
Von den Richtwerten dürfen die tatsächlichen Klassenschülerhöchstzahlen um 20 Prozent abweichen, um Abweisungen von Schülern zu verhindern. In den Pflichtschulen darf die Zahl in der Klasse so auf maximal 30 Schülerinnen und Schüler pro Klassen, in den Gymnasien auf maximal 36 ansteigen.
Derzeit werden rund 332 Millionen Euro pro Jahr für die Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen aufgewendet, im Volksschulbereich gibt das Bildungsministerium für das Jahr 2010/11 einen Durchschnittswert von 18,2 Schülern an, in österreichischen Klassen in der Sekundarstufe I liegt der Durchschnittswert bei 21,2 Schülern. Beide Werte liegen unter dem OECD-Schnitt (siehe Unterlage des Bildungsministeriums).
Bei den Klassenschülerhöchstzahlen gibt es in den vergangenen Jahren deutliche Veränderungen. Lag die durchschnittliche Schülerzahl pro Klasse in der AHS-Unterstufe im Jahr 2006/07 bei rund 27,4, gibt das Bildungsministerium für das vergangene Schuljahr rund 24 Schüler an. Bei den übrigen Pflichtschulen gibt es im gleichen Zeitraum eine Verbesserung von 20,6 auf 18,3 Schüler. Große Unterschiede gibt es jedoch bei den Überschreitungen des Richtwerts. Auf Nachfrage von derStandard.at heißt es aus dem Bildungsministerium, dass bei den Volksschulen, Hauptschulen, Neuen Mittelschulen und polytechnischen Schulen die Klassenschülerhöchstzahl in 99,4 Prozent der Fälle eingehalten wird.
Anders in den AHS-Unterstufe: Hier wird der Richtwert im Schuljahr 2012/13 lediglich in 69,2 Prozent der Fälle erreicht. Allerdings haben sich auch hier seit dem Schuljahr 2006/07 die Zahlen massiv verändert. Damals wurde lediglich in 26,8 Prozent der Fälle der Richtwert erfüllt.
Umstritten ist hingegen der Nutzen von kleineren Klassenschülerzahlen, einem Mantra von Bildungspolitikern. In einem Interview mit dem STANDARD sagte Jörg Dräger, der im Vorstand der deutschen Bertelsmann-Stiftung für Bildung zuständig ist, über die Klassenschülerzahlen: "Sehr kleine Klassen von beispielsweise unter zwölf Kindern wirken positiv, sehr große von über 36 negativ auf das Lernverhalten und den Lernerfolg der Kinder. Aber dazwischen - ob 27, 25 oder 23 Kinder - sind kleinere Klassen teuer, aber ohne Effekt. Die Lehrerinnen und Lehrer fühlen zwar eine Stressentlastung, der Lernerfolg der Kinder verbessert sich aber trotzdem nicht." Auch die Studie des neuseeländischen Bildungswissenschafters John Hattie sieht die Senkung der Klassenschülerhöchstzahl als Verbesserungsmaßnahme kritisch.
Fazit: Die Wahrheit liegt wie so oft im Auge des Betrachters. In Österreich gibt es nach wie vor Schulen mit mehr als 25 beziehungsweise 30 Schülern, doch vor allem in Pflichtschulen sind sie der Regelfall. Für die Volksschulen, Hauptschulen und Neue Mittelschulen stimmt diese Behauptung, in der AHS-Unterstufe gibt es Nachholbedarf. Der derStandard.at/faktencheck ergibt: