Ausnahmefall: Lara Croft aus "Tomb Raider" zählt zu den wenigen starken Frauen unter den Spielehelden der vergangenen Jahrzehnte.

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"Donkey Kong" in der Rolle der heldenhaften Prinzessin spielen.

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Die klassische Mittelalterlegende, der holde Prinz, der seine Prinzessin aus den Klauen eines Bösewichts befreien muss, wird in Videospielen immer wieder neu erzählt. Die Verteilung der Geschlechterrollen bleibt dabei fast immer unangetastet, starke Heldinnen á la Lara Croft ("Tomb Raider") oder Samus Aran ("Metroid") sind nach wie vor rar.

Fans bauen "Donkey Kong" und "Zelda" um

Als Mike Mikas dreijährige Tochter Ellis den Spieleklassiker "Doneky Kong" ausprobierte, tauchte schnell die Frage auf, wieso eigentlich der bärtige Klempner die Prinzessin Pauline retten würde – und nicht umgekehrt. In Ermangelung einer tiefgreifenden Antwort blieb Mika wenig übrig als zu antworten, dass dies eben einfach so sei, so berichtet das Wall Street Journal. Die kleine Ellis fiel aus allen Wolken.

Mika, seines Zeichens Softwareentwickler, griff schließlich selbst zur Tastatur und hackte Nintendos Evergreen kurzerhand. Nun war es die einst wehrlose Prinzessin, die Mario aus den Klauen des Riesenaffen befreien musste. Er veröffentlichte ein Video des Ergebnisses unter dem Namen "Donkey Kong: Pauline Edition"

(Video: "Donkey Kong: Pauline Edition")

Dies blieb nicht die erste Modifikation eines Games-Oldies zum Zwecke eines Rollentauschs. Bald nach dem Umbau von "Donkey Kong" gesellte sich eine alternative Version von "Zelda" hinzu. Hier erfüllte sich die Zeichnerin Kenna Warsinske den Traum, in die Rolle einer magischen Kampf-Prinzessin schlüpfen zu können.

Sie wollte nicht mehr darauf warten, dass Nintendo diese Änderung selbst herbeiführte. "Jedes Mal, wenn ein neuer 'Zelda'-Titel herausgekommen ist, habe ich nachgeschaut, ob man Zelda spielen kann. Es ist aber nie passiert." Unweigerlich tauchten in Folge weitere Remakes von anderen Hackern, auch von "Super Mario" gibt es mittlerweile eine Fassung, in welcher der Spieler die Prinzessin durch die Levels lenkt.

(Video: "Zelda starring Zelda")

Kaum Frauen unter den Spielehelden

Den Mangel an Gleichberechtigung beklagt auch Anita Sarkeesian, bekannt für die per Kickstarter finanzierte Videoreihe "Tropes vs. Women". Sie findet es schade, dass es überhaupt notwendig ist, Spiele nachträglich zu hacken und bemängelt, dass es in den Jahrzehnten der bisherigen Videospiel-Historie nur sehr wenige herausragende weibliche Protagonistinnen gab.

Der Eingriff in "Mario" und Co. führt auch zu Fragen hinsichtlich des Copyrights. Bei Nintendo ist man nicht erfreut über die Modifikation des eigenen, geistigen Eigentums, unterstützt aber die Botschaft, dass es auch "starke weibliche Charaktere gibt." Gleichzeitig betont man, dass man selbst mit dem kommenden "Bayonetta 2" einen Titel mit weiblicher Protagonistin am Start habe.

Ubisoft: Nordamerika-Chef wünscht sich Veränderung

Das Wall Street Journal hat sich auch bei Ubisoft umgehört. Laurent Detoc, Chef der Nordamerika-Sparte, erklärt, dass das Unternehmen grundsätzlich dazu neigt, dem Konsumverhalten der Kunden zu folgen und durchaus auch Spiele mit weiblichen Helden auf den Markt bringt.

Jedoch könnte man es besser machen. Von seiner Frau wurde Detoc einst gefragt, wieso der auf Spielerinnen ausgerichtete Titel "Imagine" diese zwar in die Rolle von Detektivinnen, Reporterinnen, Zoowärterinnen und Doktorinnen schlüpfen lässt, aber ihnen etwa nicht die Möglichkeit zugesteht, als Präsident der USA zu agieren. Detoc wünscht sich mehr Titel für weibliche Zielgruppen.

Branchenproblem

So selten wie Titel moderne Geschlechterrollen auffassen oder sich an Spielerinnen richten, so selten scheinen sich auf Frauen in der Games-Branche zu finden. Bei Ubisoft liegt der Frauenanteil im über 7.000 Mitarbeiter fassenden Produktionsteam bei 18 Prozent, unter den Managern bei 27 Prozent. Nintendo wiederum gibt dazu keine Zahlen bekannt.

Ein weiterer Indikator, dass das Problem auch in der Branche selbst verhaftet sein dürfte, ist die Geschichte des Titels "Remember Me". Laut Jean-Maxime Moris, Creative Director bei Entwickler Dotnod, scheiterte die Suche nach einem Publisher für den Titel unter anderem daran, dass viele der Herausgeber eine weibliche Hauptfigur schlichtweg ablehnten.

"Die Gaming-Kultur hat sich nicht verändert"

Doch selbst wenn ein Spiel als Hauptcharakter mit einer Heldin aufwartet, ist das Grundproblem noch nicht zwingend gelöst. Nicht selten entspricht die Darstellung einem sexistischen Stereotypen. Zu Beginn ihrer Karriere als Schatzjägerin zeichnete sich Lara Croft mit großen Brüsten, knappen Shorts und bauchfreiem Top aus. Mittlerweile trägt sie längere Kleidung.

"Die Gaming-Kultur hat sich nicht verändert", sagt Soziologin Katherine Cross von der New York University. In der Tat stoßen Initiativen wie der "Donkey Kong"-Hack oder auch "Tropes vs. Women" bei der Gamer-Community nicht ausschließlich auf Gegenliebe.

"Jemand im Internet hat gemeint, es wäre wie die Zerstörung der Mona Lisa", sagt Mika. Anita Sarkeesian sah sich nach dem Start ihres Kickstarter-Projekts bald mit heftigen Hasstiraden konfrontiert. (red, derStandard.at, 03.07.2013)

(Video: Tropes vs. Women - Teil 1)