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Die Gasse im Sack.

Foto: apa

Man könnte sich die österreichische Wohnstraße als netten Typ von nebenan vorstellen - kinderlieb, gesellig, stets so verbindlich wie konsensorientiert. Eigentlich kann man nichts Substanzielles gegen diesen Typ haben. Er wirkt auf sein Umfeld irgendwie beruhigend und kalmierend und nimmt gerne einmal das Tempo heraus, wenn es zu heiß hergeht.

Jetzt wird dieser nette Typ dreißig - und er hat schon einiges gesehen. Vielleicht nicht die ganz spektakulären Fälle, keine Massenkarambolagen und ähnliche Kollateralschäden der Motorisierung der Massen. Die Geschichten der Wohnstraße sind die kleineren, die spezielleren. Wie die vom Schwan, der diese Woche auf einer Spielstraße mitten in München ein Ei gelegt hat.

Die herbeieilenden bajuwarischen Beamten drapierten so flugs wie liebevoll diese rot-weißen Verkehrshütchen rund um den Schwan, der dann eine halbe Stunde lang niederkam. Beherzte Tierretter nahmen sich des gelegten Eies an und selbiges mit, es wird nun an einem sicheren Ort ausgebrütet. Solche Geschichten liegen halt nur auf der Wohnstraße.

Sicherheit für Kind, Kegel, Katze

Hierzulande wurde der "Klassiker der verkehrsberuhigenden Maßnahmen", wie der ÖAMTC die Wohnstraße tituliert, im Jahr 1983 eingeführt. Seitdem ist sie vor allem bei Familien in der Stadt der Darling unter den Straßen, in dessen Nähe man sich gerne ansiedelt. Wer weiß nicht gerne Kind, Kegel und Katze einigermaßen verkehrsberuhigt draußen in Rufweite. Und doch ist die Wohnstraße für viele Menschen noch immer eine große Unbekannte.

Diesen Verkehrsteilnehmern sei mit der Straßenverkehrsordnung auf die Sprünge geholfen: Ja, in Wohnstraßen gilt Schritttempo - für alles mit einem Motor. Mensch und Tier dürfen freilich schneller laufen. Die Fahrbahn darf betreten und bespielt werden, geparkt werden darf dagegen nur auf den gekennzeichneten Stellen.

Die Rettung darf hinein

Durchzugsverkehr ist in Wohnstraßen nicht erlaubt, lediglich das Zu- oder Abfahren in Schrittgeschwindigkeit ist rechtens. Ausgenommen sind zu- oder abfahrende Anrainer, Straßendienste, die Müllabfuhr und Notfahrzeuge wie Feuerwehr und Rettung oder der Pizza- oder Paketbote. Allerdings besteht die Gefahr, dass die eintreffende Pizza lauwarm ist (Schritttempo!).

Radfahren ist in Wohnstraßen dagegen generell erlaubt - auch nebeneinander und gegen die Einbahn. Allerdings mit Augenmaß und sehr vorausschauend - denn auf Wohnstraßen folgt dem Ball fast immer ein Kind. Fahrzeuglenker dürfen Fußgänger oder Radfahrer in Wohnstraßen nicht behindern oder gefährden. Spielende Kinder sowieso nicht. (Lisa Mayr, derStandard.at, 3.6.2013)