Martin Zieger ist neuer Dayli- Eigentümer. Wie viel Geld er einbringt, ist offen.

Foto: standard

Wien - "Die Leute wissen nicht, ob sie im Betrieb anwesend sein sollen oder nicht, ob vielleicht doch ein Auftrag hereinkommt oder es ganz vorbei ist." Alois Guggi, Bürgermeister von Gröbming, sieht in seiner kleinen Gemeinde die Unsicherheit grassieren. Immer wieder habe Dayli versprochen, Teile des Verteilerzentrums mit 68 Mitarbeitern weiterzubetreiben. Mittlerweile bereitet sich das Arbeitsmarktservice auf den Verlust aller Jobs vor. Es werde schwer werden, zumal auch im Umland Stellen bei großen Betrieben wackeln, seufzt Guggi. Bei einigen Familien arbeiteten beide Elternteile in der Logistik der Drogeriemarktkette.

Dayli hält den Handel weiterhin in Atem. Dem geplanten Konkursantrag der Lieferanten ist das Un- ternehmen am Donnerstag in letzter Minute zuvorgekommen - indem es doch selbst Insolvenz anmeldete: über ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung.

Zuvor gab Sanierer Rudolf Haberleitner noch schnell sämtliche Anteile an Dayli um einen Euro ab - wie berichtet an den Handelsmanager Martin Zieger, der auf dem Private-Equity-Markt neue potente Investoren auftreiben soll. Hinter den Kulissen ist zu hören, dass sich Haberleitner aus der Schusslinie bringen will, um zu späterem Zeitpunkt wieder einzusteigen.

Juristisch hat dies keine Folgen für die Insolvenz. Ein Wechsel der Eigentümer lässt das Vermögen ei- ner Gesellschaft unberührt. Völlig offen ist, wie viel Geld Zieger bei Dayli einbringt. Der Betriebswirt leitete bei der Textilkette Palmers einst den Vertrieb und die Expansion ins Ausland. Und blieb dabei weitgehend glücklos, was aber vor allem den damaligen Rahmenbedingungen zuzuschreiben ist, wie Wegbegleiter bemerken. Er führte fünf Jahre Charles Vögele, ehe er bei Hunkemöller den Schritt vorgab. Zuletzt arbeitete er vor allem von der Schweiz aus für die WSF Holding, die im Mai aus dem Handelsregister gelöscht wurde.

Der neue Sanierungsplan unter Haberleitners Federführung stützt sich auf die Mithilfe der Mitarbeiter. Sie sollen zukünftig als Franchisenehmer agieren. Dayli erwartet sich dafür Lizenzgebühren von fünf Prozent des Filialumsatzes, geht aus dem Insolvenzantrag hervor, der dem Standard vorliegt.

Ertragsschwache Standorte sollen geschlossen werden, wie viele, lässt Haberleitner unbeantwortet, ebenso, wie viele Jobs man erhalten wolle. Standorte in Luxemburg und Belgien könnten verwertet werden. Das Verteilzentrum in Gröbming werde geschlossen, wie auch die Zentrale in Pucking, die nach Pöchlarn verlegt werde, was jährlich drei Millionen Euro erspare. Der positive Fortbestand des Betriebs werde "durch den Verkauf der bestehenden und neu anzuschaffenden Ware sichergestellt".

Den rund 1600 Gläubigern bietet Dayli eine über zwei Jahre gestaffelte Quote von 25 Prozent an. Im Falle einer Zerschlagung geht Haberleitner von einer hypothetischen Quote von 20 Prozent aus. Internationale Industriekonzerne erteilen eine Abfuhr. "Es gibt keine Basis für weiteres Vertrauen in Dayli", sagt der Chef eines großen Konsumgüterherstellers dem Standard. Die Quote sei unrealistisch und das Geschäftsmodell gescheitert. Statt Fakten gebe es nur Worte - neue Ware daher künftig keine. Auch Gläubigerschützer Gerhard Weinhofer hält die versprochene Quote für "sehr ambitioniert".

Dayli verfügt laut KSV und Creditreform Aktiva von zehn und Passiva von 60 Millionen Euro. Masseverwalter sind Rudolf Mitterlehner, Erhard Hackl, Gerhard Rothner, Thomas Zeitler und Elisabeth Achatz. Sie prüfen die Werthaltigkeit des Sanierungsplans. Kommende Woche sollte feststehen, ob sich Dayli über Sommer finanziell über Wasser halten kann. Die erste Gläubigerversammlung findet im September statt, die Sanierungsplantagsatzung im Dezember.

"Kein Scheitern"

Haberleitner selbst sieht Dayli alles andere als in der Bredouille. Er glaube noch immer an sein Nahversorgerkonzept, sagt er. Von Scheitern sei keine Rede. Ungemach bahnt sich nun aber auch an anderer Front an. Bereits 2001 hatten die Grünen in einer parlamentarischen Anfrage den akademischen Titel Haberleitners infrage gestellt. Nun hat sich "Plagiatsjäger" Stefan Weber der Sache angenommen. Er zweifelt laut Wirtschaftsblatt an der Echtheit des Doktortitels, was Haberleitner mit Klagen beantworten will. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 5.7.2013)