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Ein Zug der Transsibirischen Bahn am Bahnhof von Nowosibirsk. Zumindest hat er im Jahr 2003 (zur Zeit seiner Ablichtung) so ausgesehen.

Foto: APA/Krachler

Wien - Die Bahnchefs aus Russland, der Ukraine, der Slowakei und Österreich haben am Freitag ein "Memorandum of Understanding" zur geplanten Verlängerung der Transsib-Breitspurbahn bis Wien unterzeichnet. Eine Projektstudie wird nun beauftragt, ein Geschäftsmodell erarbeitet. "Die Studie soll bis Ende 2013 fertig sein, dann könnte eine Endentscheidung über das Projekt Mitte 2014 fallen", machte Vladimir Yakunin, Chef der RZD (Russische Eisenbahnen) vor Journalisten Dampf. ÖBB-Chef Christian Kern sagte, "im Großraum Wien ist bei der Umsetzung ein Güterterminal um rund 800 Mio. Euro geplant".

Die gesamten Kosten für das Projekt, das auf der russischen Agenda ziemlich weit oben stehen dürfte, werden derzeit auf 6 Mrd. Euro geschätzt. Der genaue Betrag wird erst in der Projektstudie ermittelt, die unter anderem auch ein PPP-Modell analysiert. Das Modell soll dann "auch einen Vorschlag zur angemessenen Kostenbeteiligung der Projektpartner beinhalten", hieß es.

"Hamburg am Festland"

Geplant ist auch ein Güterterminal um 800 Mio. Euro "im Großraum Wien" auf einer Fläche von rund 200 Hektar, wie Kern erwartet. Dorthin sollen ab der slowakisch-österreichischen Grenze "rund 20 Kilometer" Breitspur hinführen. Kern schwebt ein "Hamburg am Festland" vor, ein Trockendock, ein Hub, zur Güterverteilung über Europa. Denn in Wien kreuzen sich drei europäische Bahnrouten. Die Güter sollen fix auf der Schiene bleiben. Wann der erste Transsib-Zug am Trockendock landen könnte, ist noch nicht klar.

Insgesamt handelt es sich für die ÖBB und Österreich um "eine pragmatisch kühle Entscheidung, für die alles spricht", so Kern. Er wies darauf hin, welch hohe Wertschöpfung insgesamt und vor allem durch das Terminal entstehen könnte. Österreich könne etwa "leichter an die Rohstoffe im sibirischen Becken kommen". Die Handelsroute nach China (von Wladiwostok weiter nach Peking und Shanghai) sei auch nicht zu unterschätzen.

Kern sieht bei Umsetzung des Projekts 3.000 zusätzliche Arbeitsplätze für Österreich und 120 Mio. Euro zusätzliche jährliche Wertschöpfung. Würde das Breitspurprojekt realisiert, "können wir unser Gütervolumen von derzeit rund 113 Mio. Tonnen jährlich um etwa zehn Prozent steigern". Bis zur Realisierung "liegt aber noch sehr viel Arbeit vor uns".

Was hat aber die Slowakei davon, wenn das Terminal nicht in ihrem Osten errichtet wird, wo die russische Breitspurbahn derzeit endet? "In der Slowakei ist ein Sub-Terminal geplant", sagte der Chef der dortigen Bahn ZSR, Stefan Hlinka. Nicht zuletzt würde die Slowakei in Sachen Wertschöpfung aber auch beim Bau und Betrieb der Bahn profitieren. In der Slowakei werden 400 bis 500 km Breitspurbahn bis Österreich notwendig.

Schneller als das Schiff

Ziel ist es laut den Bahnchefs, die Wachstumsmärkte in Fernost - bis nach Shanghai, nicht "nur" Wladiwostok - mit Zentraleuropa zu verbinden. Schiffe benötigen von dort nach Europa derzeit laut Kern 30 Tage, die Bahn könne dies in zehn Tagen schaffen. Das erste Ziel ist es aber, den Weg ab Wladiwostok am Pazifik über die klassische Transsib bis Moskau, weiter über Kiew und Bratislava nach Wien in 15 Tagen zu fahren, wie eine Visualisierung zeigte.

Ob die Bahn für die Schifffahrt rasch ein harter Konkurrent wird, bleibt aber abzuwarten. Ein Bahncontainer kostet derzeit etwa das Dreifache des Containers, der auf dem Seeweg von Asien nach Europa um rund 700 Euro unterwegs ist. Jedenfalls würden die Güterströme künftig wachsen, waren sich die internationalen Bahnchefs einig. (APA, 5.7.2013)