Bild nicht mehr verfügbar.

Als Edward Snowden maskiert demonstriert dieser Mann vor dem Berliner Reichstag gegen die Spionagepraxis der USA.

Foto: REUTERS/Tobias Schwarz

Es dauerte Tage, ja Wochen, bis die Europäische Union aus ihrer Schockstarre erwachte. Nun versucht nach dem Europaparlament auch die EU-Kommission Druck auf die USA in Sachen Datenspionageskandal zu machen. Die für das Thema zuständige EU-Innenkommissarin Cecila Malmström droht jetzt Washington in einem Brief damit, bestehende Programme zum Datentransfer auszusetzen oder gar zu stoppen. Solange Washington nicht beweise, dass es den Datenschutz respektiere, sehe sich die EU-Kommission dazu gezwungen, die Verträge aufzukündigen, schreibt Malmström.

Vor allem führt die Kommissarin das "Terrorist Financing Tracking Program" und des "Passenger Name Record Instrument" an. Diese müssten "in vollem Einvernehmen mit dem Gesetz umgesetzt" werden. Sei das nicht der Fall, "habe ich die Pflicht, zu überdenken, ob die Grundlage für deren Gültigkeit noch immer gegeben ist", haben die zuständigen Vertreter der US-Behörden zu lesen bekommen.

Mit dem Schreiben nach Washington will Brüssel offenbar signalisieren, dass man gewillt ist, Konsequenzen aus der Datenaffäre zu ziehen, die durch die Enthüllungen des Exgeheimdienstlers Edward Snowden vor rund einem Monat ins Rollen kam. Sollte die Überprüfung einen Bruch der Regelungen ergeben, würden die Vereinbarungen zum gegenseitigen Datenaustausch sofort aufgekündigt, zitiert auch die Financial Times einen EU-Diplomaten - insgesamt keine guten Voraussetzungen für einen harmonischen Start der Verhandlungen über das EU-USA-Freihandelsabkommen ab kommender Woche.

Unterstützung für Malmström kam vom österreichischen SPE-Fraktionsführer Hannes Swoboda. Dieser forderte im ORF-Radio "befriedigende Antworten" der USA auf Fragen wie: Hat es die Spionage tatsächlich gegeben? Sind die USA bereit, das nicht mehr zu tun und Kontrollen zuzulassen? Swoboda: "Wir werden die Menschen mobilisieren in Europa. Es ist nicht akzeptabel, dass unsere Daten missbräuchlich verwendet werden."

Kurswechsel bei CDU

In Deutschland hat indes die CDU/CSU-Fraktion still und heimlich die Wahlkampfforderung nach der Einführung der Vorratsdatenspeicherung gestrichen und spricht nur noch vorsichtig von "Minderspeicherfristen". "Der Staat muss persönliche Kommunikationsdaten der Menschen schützen", heißt es nun zahm.

Erbost zeigen sich die Grünen im EU-Parlament von der Causa Snowden. "Es ist absurd, dass die Staats- und Regierungschefs nur auf die USA zeigen, während sie hier in der Europäischen Union tatenlos bleiben", wetterte Jan Philipp Albrecht, Verhandlungsführer im EU-Parlament für die neue Datenschutzgrundverordnung.

Einem Bericht der Zeitung Le Monde zufolge fängt nicht nur der US-Geheimdienst NSA, sondern auch der französische DGSE "die Gesamtheit der Kommunikation" in Frankreich ab und speichert private Daten jahrelang ohne rechtliche Kontrolle. Die Regierung gab sich vorerst ähnlich zugeknöpft wie bisher jene der USA: Premier Jean-Marc Ayrault dementierte den Bericht zwar nicht, schränkte jedoch ein, dieser sei "nicht exakt", denn: Alles gehe mit rechten Dingen zu. (red, DER STANDARD, 6.7.2013)