Ein Lokal, das noch ziemlich wichtig für das Weißgerberviertel in Wien-Landstraße werden könnte: das Café Menta am Radetzkyplatz.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Eine großzügige Portion Tofu vom Grill mit richtig geiler Barbecue-Sauce und schwungvoll mariniertem Rucola-Salat samt frischen Litschis um gerade einmal sechs Euro.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Der Radetzkyplatz ist schon ein besonderer in dieser mit geschäftigen und doch beschaulichen Plätzen so sparsam ausgestatteten Stadt. Wie da x Gassen und Gassln aufeinandertreffen, wie die S-Bahn aufgebockt vorbeisurrt, vorm Gasthaus Wild die Gäste beim Gulasch schwitzen und die Bim vom Kolonitzplatz einen Hauch von Kühle mitnimmt - das hat eine animierende Betriebsamkeit und urbane Dichte, die man eher mit anderen Metropolen assoziiert.

So etwas hat sich zumindest Selda Gürselsi, Anrainerin und bisher HR-Managerin in Großkonzernen, gedacht und gemeinsam mit einem anderen Grätzelbewohner das Café Menta aufgemacht, wo zuvor ein Sonnenstudio war. Was insofern nicht verwundert, als der andere niemand anderer als Ilhan Dogan ist - der Multigastronom, der schon vor mehr als einem Jahrzehnt mit der Schönen Perle beim Karmelitermarkt gezeigt hat, welch feines Sensorium er für unterschätzte Grätzeln hat und wie gut er weiß, wie ein Lokal gestaltet gehört, damit es im Idealfall als Energieschub fürs ganze Viertel wirkt.

Preis-Leistungs-Verhältnis

Im Menta wurden jedenfalls die Designer Robin Molenaar und Yvonne Krisch mit der Gestaltung beauftragt, was ganz offensichtlich eine gute Entscheidung war. Sie schweißten eine richtig hübsche Bar zusammen, hängten Industrielampen an die Decke, verlegten Kacheln aus Marokko und bauten ein altes Fabriksfenster in die Wand zur Küche. Drinnen sitzt man auf Rainer-Stühlen, draußen im Schatten von ein paar Bäumen.

Alles sehr stimmig, am allerbesten aber ist wohl das Preis-Leistungs-Verhältnis beim Essen, wo Gürselsi sich ein bissl Input vom neuen Skopik-Koch Ibo Altun holte. Der hat mit Küchenchef Roberto Zanda aus Sardinien eine sehr sommerliche Karte entworfen.

Es gibt eisgekühlte Ananassuppe mit Melisse, sehr frisch, leicht - ein Hauch frischer Chili oder irgendein currywürziger Knusper drin wäre aber kein Fehler gewesen. Tofu vom Grill mit richtig geiler Barbecue-Sauce und schwungvoll mariniertem Rucola-Salat samt frischen Litschis kostet gerade einmal sechs Euro und würde anderswo wohl als ausgewachsener Hauptgang verkauft.

Kalbsbraten mit Saftl

Richtig super ist auch das in Istanbul als Balik Ekmek bekannte Sandwich mit knapp gegrilltem Branzino, Zitrone, Knoblauch, Olivenöl und allerhand Salatzeug - "mit Scharf" wäre allerdings noch besser gewesen. Kalbsbraten mit knuspriger Polenta und gegrilltem Radicchio ist saftig und, wie sich's gehört, mit Saftl statt modisch einreduziertem Jus versehen.

Frühstück und Snacks in allerhand ungewöhnlichen Kombinationen gibt es hier natürlich auch, täglich offen hat das Menta noch dazu - es kann also nur noch Monate dauern, bis die Mieten auch hier in den Himmel wachsen. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 12.7.2013)