
Jobsuche auf gewöhnungsbedürftige Weise.
Die Arbeitslosigkeit ist in Dänemark nicht besonders hoch, auch wenn sie mit 6,8 Prozent über jener in Österreich liegt. Dafür sind die Dänen ein innovatives Völkchen, was sich nicht nur im guten neunten Rang eines aktuellen Innovationsrankings niederschlägt.
Weil derzeit besonders qualifizierte Jobs bedroht sind, ließen sich die Dänen - federführend war die Gewerkschaft DJOEF - für Bürger und Bürgerinnen ohne Job etwas Besonderes einfallen. Arbeitslose Akademiker setzten sich nämlich in der Hauptstadt Kopenhagen jüngst in Schaufenster. Vier Wochen lang lief das Event.
Neue Aktionen geplant
"Wir haben damit ziemlich viel Aufmerksamkeit erregt", zieht DJOEF-Konsulentin Ulla Grymer im Gespräch mit derStandard.at Bilanz. Mittlerweile ist die Aktion vorbei. "An eine Wiederholung in genau dieser Form ist nicht gedacht, aber etwas Ähnliches werden wir wohl wieder in Angriff nehmen", so Grymer.
Die Plätze in den Schaufenstern waren begehrt, wie ein Lokalaugenschein des "Wall Street Journal" zeigte. Viele hoch qualifizierte Arbeitskräfte, darunter Anwälte, ehemalige Firmenchefs und Steuerexperten, suchen schon seit mehr als zwei Jahren Arbeit und standen Schlange.
Ausgedacht hat sich die Sache die Gewerkschaft DJOEF nicht nur wegen der Lust am Neuen. Immerhin haben 41 Prozent der Dänen mit einem neuen Master-Abschluss auch ein Jahr nach dem Studienende noch keinen Job. Die Gründe dafür sind laut Gewerkschaft der Überschuss an Büroarbeitern und die Zurückhaltung kleiner Unternehmen, einen Hausjuristen und andere Fachkräfte einzustellen. "Daher ermutigt die Gewerkschaft Arbeitssuchende, sich aus dem stillen Kämmerlein zu wagen", sagt Grymer.
"Wie ein Affe im Käfig"
"Ich bin bereit, alles zu versuchen", sagte Hannibal Camel Holt, ein arbeitsloser Politikwissenschaftler, dem "Wall Street Journal". Obwohl er sechs Sprachen spreche, suche er seit vier Jahren vergeblich einen Job. Sich im Schaufenster auszustellen sei für ihn ein notwendiger, allerdings durchaus unangenehmer Schritt. "Ich fühle mich wie ein Affe im Käfig, während die Leute vorbeigehen und mich anstarren."
Früher habe er bei der Steuerbehörde gearbeitet. Vor kurzem entging ihm ein Job, um den sich 265 Arbeitssuchende beworben hatten. Da sei ihm klar geworden, dass ein Lebenslauf allein nicht reicht, um eine der begehrten Stellen zu bekommen.
Schichtbetrieb im Fenster
Bevor er sich in die Auslage setzte, arbeitete Holt laut "Wall Street Journal" mit den Organisatoren des Programms zusammen, um ein Video und ein Facebook-Profil zu erstellen, auf das Fußgänger zugreifen können, wenn sie einen QR-Code (Quick Response, ein Würfelmuster, ähnlich wie der Strichcode, das mit dem Smartphone gelesen werden kann, Anm.) im Schaufenster scannen. Holt hat zwischen Ende April und Anfang Mai mehrere Schichten im Schaufenster verbracht. Um sich die Zeit zu vertreiben, hat er im Internet nach Jobs gesucht, seinen Lebenslauf aktualisiert und seine Profile bei sozialen Netzwerken überarbeitet.
15 Dänen und Däninnen trauten sich in die Auslage. Freiwillg. Sieben von ihnen - darunter auch Hannibal Camel Holt - fanden übrigens laut Auskunft Ulla Grymer tatsächlich einen Job. "Nicht nur, weil sie in der Auslage gesessen sind, sondern auch dank der vielfältigen professionellen Strategie, wie zum Beispiel die Sache mit dem Video. So gesehen war die Aktion ein voller Erfolg." (rb, derStandard.at, 10.7.2013)