Das waren Zeiten: Als Vodafone sich zu einem Preis, der nahezu Österreichs Bruttosozialprodukt entsprach, Mannesmann einverleibte; als sich Kleinanleger plötzlich über üppige Depotauszüge freuten; und als Führungskräfte mit Aktienoptionen wie mit Konfetti überschüttet wurden. Kein Problem - solange der Kapitalmarkt mitmachte.

Schnitt. Sommer 2003: Fusionen sind selten, die Kleinanleger verbittert, die Optionsbesitzer arm. Der Paukenschlag folgt: Microsoft, das Unternehmen, aus dem über 1000 (Aktien-)Millionäre hervorgegangen sind, verabschiedet sich von seinen Aktienoptionsprogrammen. Die Kritik ist klar: Mitarbeiter lassen sich damit nicht mehr motivieren. Und: Statt einer Interessensharmonisierung mit den Shareholdern hat eine legale Form der Plünderung statt gefunden - bis zum illegalen künstlichen Aufblasen der Gewinne.

Würde man Optionen als Kosten behandeln, so hätten die S&P 500-Unternehmen einen um 30 Prozent niedrigeren Gewinn ausgewiesen. Bei Yahoo wäre er sogar 1570 Prozent geringer ausgefallen, bei Motorola 500 Prozent geringer und Microsoft hätte im abgelaufenen Geschäftsjahr 2,5 Milliarden US-Dollar weniger Überschuss gehabt. Aktionäre und Analysten tadeln: In vielen Bilanzen tickt eine Zeitbombe. Dem Vorbild von Coca Cola, GE und Amazon folgend, verbuchen nun 120 Unternehmen die Optionen gewinnmindernd als Kosten.

Ist das der Anfang vom Ende der wertorientierten Vergütung? Sind Optionen keine Option mehr? Gescheiterte Optionsprogramme lehren vier Lektionen:

  • Erstens: Auf die Struktur kommt es an. Neben dem Grundgehalt sollten Vergütungsmodelle drei Bestandteile haben: einen individuellen Bonus für das Erreichen oft qualitativer, persönlicher Ziele; eine (interne) Bereichskomponente, welche die Performance in Teilbereichen belohnt und eine (externe) Unternehmenskomponente, die die Gesamtwertschaffung honoriert - nur hier haben Optionen etwas zu suchen.
  • Zweitens: Auf Relativität kommt es an. Aktienoptionen sind an einen Benchmarkindex zu binden, nicht an den allgemeinen Kursanstieg. Und: Neben dem Erreichen finanzieller Vorgaben müssen auch nicht-finanzielle Erfolge honoriert werden. Bei Mediaways beispielsweise wird ein Qualitätsindex aus Kundenzufriedenheit und Verfügbarkeit gebildet, dessen Stand täglich im Intranet abrufbar ist.
  • Drittens: Auf die richtige Dimensionierung kommt es an. Risiko ist keine Einbahnstraße, die Führungskräfte müssen auch am Verlust beteiligt werden. Bei SGL Carbon AG können die Mitarbeiter für bis zu 50 Prozent ihres Bonus Aktien zum Tageskurs kaufen. Erst zwei Jahre später bekommen sie die gleiche Anzahl an Aktien geschenkt - egal wie hoch der Kurs ist.
  • Viertens: Auf Transparenz und Nachhaltigkeit kommt es an. Was zu kompliziert ist, motiviert nicht. Was zu kurzfristig ist, führt zu erratischem Verhalten. So sollten die Haltefristen bei Optionen zwischen drei und fünf Jahren betragen. Und: Die Unternehmen sollten ihr Optionsprogramm durch Simulation eines Best/Worst Case-Szenarios testen.

Die Kritik an Optionen offenbart: Speziell in einer "Knowledge Economy", in der es immer mehr auf das nachhaltige Engagement kluger Köpfe ankommt, muss mehr Köpfchen darauf verwendet werden, das Vergütungs- und Anreizmodell zu gestalten, als dies bislang der Fall war. Optionen zur Option gibt es genug.

Nachlese

-> Brand It Like Beckham -> Jazz statt Symphonie -> Erfolg=Wissen mal Fähigkeiten -> Wozu braucht man Berater? -> Veränderungs-Dilemma -> Ein Plädoyer für Strategie -> Wenn Manager autistisch werden -> Sag mir, wo die Frauen sind ... -> Ich google - Sie auch? -> Die Demokratisierung des Luxus -> Abschied von der AG? -> Die Geheimnisse des Phoenix -> Siegen à la Alinghi -> Anleitung zum Glücklichsein -> Die Suche nach dem Mehr -> Lust auf Leistung -> Eine doppelte Melange -> Sei willkommen Krise? -> "Denk' ich an Deutschland..." -> Gegen die Endzeit-Stimmung