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Jean-Claude Juncker hat sich zu wenig um den luxemburgischen Geheimdienst gekümmert, stellte ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss fest. Einen Rücktritt lehnte der Regierungschef aber ab.

Foto: EPA/NICOLAS BOUVY

Luxemburg - Abhören mit einer präparierten Armbanduhr, dubiose Geheimdienst-Geschäfte mit Luxusautos und eine nicht aufgeklärte Bombenserie: Der Skandal, der das Großherzogtum Luxemburg erschüttert und Premierminister Jean-Claude Juncker in Bedrängnis brachte, liest sich wie ein Agententhriller.

Ins Rollen brachte die Affäre die luxemburgische Zeitung "d'Letzebuerger Land" Ende 2012. Das Blatt veröffentlichte wortgetreu eine Unterredung, die Regierungschef Jean-Claude Juncker 2007 mit dem damaligen Geheimdienstchef Marco Mille führte. Mille trug eine mit einer Wanze präparierte Armbanduhr und hatte das Gespräch heimlich mitgeschnitten. 2012 kamen auch Berichte über ein unrechtmäßig abgehörtes Gespräch zwischen Juncker und Großherzog Henri an die Öffentlichkeit. Dabei ging es um die sogenannte Bombenleger-Affäre ("Bommeleeer") in den 80er-Jahren.

Sprengstoffanschläge bisher nicht aufgeklärt

In den Jahren 1984 bis 1986 verübten Unbekannte in dem kleinen EU-Land eine Serie von Sprengstoffanschlägen. Mehrere Menschen wurden verletzt und es entstand ein Sachschaden in Millionenhöhe. So wurde ein Strommast gesprengt. Die Anschläge richteten sich außerdem gegen den Flughafen Findel, den Justizpalast, das Gendarmerie-Hauptquartier sowie eine Ratssitzung der EU-Staats- und Regierungschefs.

Die 20 Taten wurden nicht aufgeklärt. Im Februar begann ein Prozess gegen zwei Gendarmeriebeamte, in dem im Herbst auch Juncker aussagen soll. Die beiden Polizisten zählen allerdings nicht zu den eigentlichen Tätern, wie die "Süddeutsche Zeitung" schreibt. Stattdessen kursiert das Gerücht, dass der Bruder des Großherzogs in irgendeiner Weise verwickelt gewesen sein soll. Zumindest tauchte vor einigen Jahren ein Augenzeuge auf, der den Luxemburger Prinzen Jean bei einem Anschlag gesehen haben will, was dieser aber bestreitet.

Brisante verschlüsselte CD

Der Zeuge soll sich nicht an die Polizei gewandt haben, er habe nur mit Juncker sprechen wollen. Dieser Mann, der als M. bezeichnet wurde, zeichnete das Gespräch mit dem Premier dann angeblich auf und schickte eine CD mit codiertem Inhalt an den Geheimdienst. Die CD konnte noch nicht entschlüsselt werden.

Immer wieder wurde spekuliert, dass der Geheimdienst bei den Anschlägen seine Finger im Spiel hatte. Zweck soll laut Nachrichtenagentur dpa gewesen sein, für eine bessere Ausstattung der Polizei zu sorgen. Dem Geheimdienst wird außerdem der Versuch vorgeworfen, Generalstaatsanwalt Robert Biever mit erfundenen Pädophilie-Gerüchten in Misskredit zu bringen, wie die "Rheinische Post" berichtete. Im Mai tauchten dann Berichte über dubiose Geschäfte luxemburgischer Geheimdienstler mit Luxusautos auf, ergänzte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Die Geheimdienstmitarbeiter sollen deutsche Oberklassewagen zu Sonderpreisen erstanden und dann privat weiterverkauft haben.

Gespräche mit Juncker aufgezeichnet

Auch das 2007 aufgezeichnete Gespräch zwischen Juncker und Ex-Geheimdienstchef Mille hatte es laut Nachrichtenagentur AFP in sich. Nach Informationen von "d'Letzebuerger Land" teilte Mille Juncker mit, dass 300.000 Karteikarten oder ähnliche Aufzeichnungen mit Informationen über Bürger und Politiker vernichtet worden seien, die während des Kalten Krieges angelegt worden seien. Mille verriet darüber hinaus, dass ein Gespräch des Regierungschefs mit dem Staatsoberhaupt aufgezeichnet wurde und sprach von möglichen Kontakten des Großherzogs zum britischen Geheimdienst.

Juncker wurde vorgeworfen, sich zu wenig um die illegalen Aktivitäten des Geheimdienstes "Service de renseignement de l'Etat luxembourgeois" (SREL) gekümmert zu haben. Juncker trage die "politische Verantwortung" für das jahrelange unkontrollierte Treiben des SREL, stellte ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss am vergangenen Freitag fest.

Am Mittwoch meldete sich der Regierungschef erstmals zur Geheimdienst-Affäre zu Wort. Einen Rücktritt lehnte er ab, stattdessen verkündete er Neuwahlen. (APA/red, derStandard.at, 11.7.2013)