V.l.n.r.: Tomàs Bella (Piano Media), Christian Gründig (Xing), George Nimeh (Kurier.at), Peter Neumann (Styria Digital), Karl Pachner (ORF Online) und Alexander Oswald (Futura).

Foto: Bernhard Bergmann für Werbeplanung.at

Piano Media bietet verschiedene Paid Content-Modelle.

Foto: Piano Media

Wien - Was etwa in der Slowakei funktioniert, wird nicht automatisch in Österreich erfolgreich sein. Nämlich die Implementierung einer nationalen Paywall  für Nachrichtenseiten, wie es das Unternehmen Piano Media bereits in der Slowakei, in Polen und Slowenien vorexerziert. Mit teilweise beachtlichem Erfolg. In der Slowakei sind beispielsweise die größten Verlage an Bord, die Zahlungsbereitschaft der User ist gegeben, wie Tomáš Bella von Piano Media beim Werbeplanung.at-Summit erläuterte. Ein einfacheres Unterfangen als in anderen Ländern, denn die Grenzen der Slowakei werde durch die Sprache noch zusätzlich zementiert. Alternativangebote im Ausland auf Slowakisch existieren faktisch nicht.

100 Millionen versus zwei Milliarden

Die Sprache sei Österreichs Problem, meint Peter Neumann von der Styria Media Group. Erfolgsmodelle mit Bezahlschranken - wie jenes der "New York Times" oder des "Wall Street Journals" - ließen sich schwer von europäischen Medienhäusern importieren. Und schon gar nicht von jenen, die im deutschsprachigen Raum angesiedelt seien, denn: 100 Millionen deutschsprachige User stehen zwei Milliarden, die Englisch sprechen, gegenüber. Österreich sei ein viel zu kleiner Markt, glaubt Neumann, um Bezahlschranken für Nachrichtenseiten umzusetzen: "Für etwas, das es an jeder Ecke gibt, ist keine Zahlungsbereitschaft vorhanden." Klappen könnte es im Nischenbereich, etwa bei Special Interest-Portalen, die sich mit ihren Inhalten von anderen abheben.

Wenig Differenzierung bei Medienangeboten

Skeptisch zeigt sich auch Karl Pachner, Geschäftsführer von ORF Online. Der Grund sei der begrenzte Markt, dass sich General Interest-Inhalte nicht über Userabgaben monetarisieren ließen: "Auch Pay-TV hat sich im deutschsprachigen Raum am wenigsten durchgesetzt." Das öfters ins Spiel gebrachte Argument, dass eine freie Seite wie orf.at alle Paid Content-Bemühungen der Verleger von Haus aus torpediere, kann er nicht nachvollziehen. Es gäbe auch sonst "Fluchtmöglichkeiten" für User. Und überhaupt: Es scheitere schon an der fehlenden inhaltlichen Differenzierung der Medienangebote. Wie sollen über die Jahre personell ausgedünnte Redaktionen so viele exklusive Inhalte produzieren, fragt Pachner: "Es braucht Abgrenzung, um etwas verkaufen zu können."

Portale können auf Markenstärke bauen

Auch wenn der Marktführer nicht Teil des Paywall-Modells sei, könnten andere Verlage durchaus reüssieren, kontert wiederum Tomáš Bella von Piano Media. In Polen beispielweise sei Axel Springer, der Branchenprimus, nicht dabei. Eine Massenabwanderung der User von anderen Portalen habe nicht stattgefunden, behauptet er. Medien dürften nicht den Fehler machen, ihre Marke, ihre Struktur und die Usertreue zu unterschätzen.

Schlüssel für Einnahmen

Piano Media beteiligt die Verlage nach einem bestimmten Schlüssel an den Einnahmen, die über die Paywall generiert werden. Abgerechnet wird etwa nach Besuchszeit und Seitenaufrufen. 30 Prozent gehen an Piano Media. In der Slowakei zahlen User entweder 3,90 Euro pro Monat, 9, 90 Euro im Quartal oder 39 Euro pro Jahr für alle Nachrichtenseiten, die sich im Paywall-Universum tummeln. "Wird nur pro Artikel gezahlt, rechnet sich das nicht", sagt Bella. User müssten langfristig gebunden werden. Neben dem nationalen Modell ist das Unternehmen auch übergegangen, hybride Lösungen ins Portfolio aufzunehmen. Etwa ein Freemium-Modell, wie es auch die "New York Times" praktiziert. Eine bestimmte Anzahl an Artikeln ist gratis, beim Rest werden die Rollläden runtergelassen.

Neben der einfachen Abwicklung der Zahlungsmodalitäten sei die technische Komponente am wichtigsten, erklärt Bella. Alle Schlupflöcher, um sich auf irgendeine Weise Zugang zu Artikeln zu verschaffen, müssten geschlossen werden. Dieses Korsett zu schnüren, sei nicht einfach und sehr zeitintensiv gewesen. Das Modell von Piano Media könnte sich in einigen europäischen Ländern etablieren, hofft Bella. Verhandlungen gebe es mit vielen, Österreich ist nicht dabei.

Kein Schulterschluss in Sicht

Auf den Faktor Zeit vertraut George Nimeh vom "Kurier". Auch bei der "New York Times" hätten die Experimente vor 15 Jahren im Kleinen begonnen. Vorerst führe der Weg zum Geld mehr über die Rubrikenmärkte und weniger über Nachrichteninhalte. Was funktionieren könnte, seien Kombinationspakete, die Print- und Onlineinhalte inkludieren. An den Erfolg einer nationalen Paywall glaubt auch er derzeit nicht. Neben der Zahlungsbereitschaft der User müsste es auch einen Schulterschluss unter Österreichs Verlegern geben. Und das sei eher illusorisch. (Oliver Mark, derStandard.at, 11.7.2013)