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Verteidiger Mark O'Mara (l.) unterhält sich mit seinem Mandanten George Zimmerman, der wegen Mordes angeklagt ist.

Foto: EPA/GARY W GREEN

Als der Wachmann George Zimmerman den schwarzen Teenager Trayvon Martin verfolgte, soll er im Dialog mit einem Notrufdis­patcher auf die "fucking coons" geschimpft haben, die immer wieder davonkämen. Coons ist ein zutiefst beleidigendes Slang-Wort für schwarze Amerikaner, was allein schon die Emotionen aufwallen ließ. In Wahrheit, bezeugen nun Phonetik-Experten, fluchte der außer Atem Dahinhastende auf die "fucking punks", gewiss kein Oxford-Englisch, aber ohne diesen rassistischen Unterton.

Es sind zwei grundverschiedene Versionen, zwischen denen die Geschworenen im Seminole County Court in Sanford, Florida, entscheiden müssen. Folgt man der Anklage, sah der freiwillige Wächter der Nachbarschafts­patrouille in dem 17-jährigen Afroamerikaner, der bei Nieselregen im Kapuzenpullover durch die Siedlung Twin Lakes spazierte, allein wegen seiner Hautfarbe und Kleidung einen gefährlichen Kriminellen. Hätte er Martin in Ruhe gelassen, statt ihn mit dem Übereifer eines Hobbysheriffs zu jagen, wäre nichts passiert.

Keine Spuren von einem Kampf

Folgt man den Verteidigern, hat Zimmerman, Sohn einer peruanischen Mutter und eines weißen amerikanischen Vaters, am Abend des 26. Februar 2012 den schwarzen Teenager nur deshalb erschossen, weil er um sein Leben fürchtete. Demnach holte Martin den um neun Jahre Älteren mit einem Fausthieb von den Beinen und schlug seinen Kopf so oft auf den Beton eines Fußwegs, dass Zimmerman in höchster Not zur Waffe griff. Doch Spuren davon gibt es nicht.

Der Tod des Teenagers hatte schwere Rassismusvorwürfe zur Folge, zumal herauskam, dass die Polizei Zimmerman in den ersten sechs Wochen nach der Tragödie nicht einmal in Gewahrsam nahm.

Live-Übertragung im Fernsehen

Der nunmehrige Prozess, von Kabelsendern live übertragen, zeigt nach gut zwei Wochen vor allem eines: Die Wahrheit ist komplizierter als grobe Raster. Zu jeder Tatversion gibt es Zeugen, zu jeder auch Widersprüche. Der Angeklagte wollte zuletzt nichts mehr sagen. Sein Antrag auf Verfahrenseinstellung wurde abgelehnt. Die Zeugenbefragung der Verteidigung ist beendet, der Prozess geht in die Schlussphase. (Frank Herrmann, DER STANDARD, 12.7.2013)