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Wie denken Sie über die NSA-Überwachungsaffäre?

Foto: REUTERS/David McNew

Der Bericht des britischen Guardian liest sich wie ein Privacy-Albtraum: Der US-Geheimdienst NSA hat direkten Zugriff auf Microsofts zentrale Kommunikationsdienste wie Hotmail, Live, Outlook.com und Skype und den Online-Speicher SkyDrive. Der Konzern betont zwar wie seine Mitbewerber Apple, Google und andere US-Internetfirmen, dass man mit den Behörden nur in Fällen zusammenarbeitet, in denen es gesetzlich vorgeschrieben ist. Doch sollten die Informationen des Ex-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden stimmen, dann können Ermittler in der Praxis nach Belieben auf Informationen von Nicht-US-Bürgern zugreifen.

Die mangelnde Transparenz und das Fehlen jeglicher Eingriffsmöglichkeiten in diese Vorgänge ist für Anwender von amerikanischen Kommunikationsdiensten massiv beunruhigend. Aufgrund der Verschwiegenheit der US-Regierung und der Unternehmen muss man - trotz der Beteuerung, dass sehr gewissenhaft mit den Daten umgegangen wird - derzeit vom Schlimmsten ausgehen. Meine Daten und Kommunikationswege werden überwacht und ich kann als Anwender dieser Dienste außer dem Verzicht wenig dagegen tun.

Schwerwiegende Folgen

Microsoft steht hier wie die anderen großen US-IT-Konzerne Google, Apple, Facebook oder Amazon im Rampenlicht, weil ihre Dienste, Smartphones, Tablets und Portale weltweit von Milliarden Menschen genutzt werden. Ein kommendes Produkt des Redmonder Unternehmens rückt mit dem Überwachungsskandal aktuell noch ein Stück weiter ins Zentrum der Aufmerksamkeit der Datenschützer: Die Xbox One. Geht es nach Microsofts Vorstellungen, soll die Multimendia-Konsole in den nächsten Jahren in "hunderten Millionen" Wohnzimmern Einzug halten und dort zum Zentrum des Medienkonsums werden. Mit der beigelegten und verpflichtend zu installierdenden Sensorsteuerung Kinect wird die Xbox One zudem zur Kommunikationsschnittstelle für Video- und Audio-Chats via Skype und auch zum Marketingwerkzeug für die Werbeindustrie. Tief in das System integrierte Online-Dienste wie die Websuche Bing, die sich dank Kinect auch per Sprache bedienen lässt und das Xbox Live-Netzwerk sowie der Live-TV-Service sorgen dafür, dass man zu jeder Zeit vernetzt ist. Kinect dient überdies dazu, Nutzer anhand ihrer Stimme, Gestalt und Gesichter zu identifizieren, was der einfacheren Userverwaltung und Spielen nützlich sein kann. Das bedeutet, dass über die Xbox One eine wahre Flut von Daten gesammelt und zu einem großen Teil auf den Servern des Konzerns gelagert werden wird. Server, die den US-Gesetzen unterstehen und auf die US-Behörden wie die NSA im Verdachtsfall zugreifen können. Die Angst der Datenschützer: Detaillierte und intime Informationen und Vorlieben von Anwendern könnten so in die Hände von Fremden gelangen. 

Was sagt Microsoft dazu?

Noch komplexer wird es, wenn Microsoft es schafft, die Xbox One - wie berichtet - als Kommunikations- und Kollaborationsschnittstelle für Kleinunternehmen zu etablieren. Wer hört dann mit, wenn ich Videokonferenzen mit Geschäftspartnern führe oder Excel-Tabellen über SkyDrive bespreche? Es stellt sich die Frage, was man als bestehender oder künftiger Xbox-Anwender tun kann, um seine persönlichen Daten zu schützen. Gibt es abgesehen von Verzicht und strikter Offline-Nutzung eine Möglichkeit seine Daten abzusichern? Kann Microsoft garantieren, dass diese Funktionen nicht zur Überwachung der Nutzer missbraucht werden - sowohl von Unternehmensseite als auch von staatlichen Behörden?

Xbox Österreich-Produktmanager Thomas Grasslober bestätigt auf Anfrage, dass dem Unternehmen bei behördlichen Ermittlungen die Hände gebunden sind. "Darüber hinaus ist Xbox, genauso wie jedes andere Unternehmen verpflichtet, mit staatlichen Einrichtungen auf Basis von richterlichen Verfügungen zusammen zu arbeiten, und in Verfügungen genau definierte Datensätze zur Analyse zur Verfügung zu stellen. Dies passiert - wie angeführt - auf Basis von gerichtlichen Verfügungen, allerdings können wir keine Informationen weitergeben, auf welche Dienste bzw. Services sich diese Verfügungen beziehen bzw. in der Vergangenheit bezogen haben", so Grasslober.

Kein Einblick

Wie Microsoft erklärt, haben Nutzer keinen Einblick in die Art der behördlich gesicherten Daten. "Im vergangenen Jahr erhielt das Unternehmen 75.378 Anfragen weltweit. Für den überwiegenden Teil, 79,8 Prozent dieser Anfragen wurden im vergangenen Jahr keine inhaltsbezogenen Daten, sondern nur Namen oder Rechnungsadressen ausgehändigt. Insgesamt gab Microsoft weltweit lediglich 2,2 Prozent 'Content' preis, also Daten aus E-Mails, Adressbüchern oder Kalendern. Den restlichen Anfragen konnte nicht nachgekommen werden, weil entweder die rechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben oder keine Daten vorhanden waren", sagt Grasslober. Der Internettelefoniedienst Skype sei ein Sonderfall. "An Skype gerichtete Datenforderungen werden von Microsoft gesondert behandelt, da Skype seinen Sitz in Luxemburg hat und dem EU-Recht unterliegt". Allerdings geht aus einem Artikel von Microsofts Unternehmensseite hervor, dass es keine Garantie dafür geben kann, dass die Daten nach einer Ablehnung zur Herausgabe zu einem späteren Zeitpunkt nicht doch in die Hände der Behörden gelangen. "Obwohl den Strafverfolgungs- und Vollzugsbehörden keine Kundendaten auf ein abgewiesenes Auskunftsverlangen zur Verfügung gestellt werden, können die Strafverfolgungs- und Vollzugsbehörden zu einem späteren Zeitpunkt ein erneutes, rechtswirksames Auskunftsverlangen zur Offenlegung derselben Daten stellen", heißt es.  

Funktionen abstellen?

Hundertprozentigen Datenschutz gibt es also nicht. Microsoft weist aber darauf hin, dass man Funktionen gezielt abstellen könne, um Missbrauch zu verhindern. "Schon mit Xbox 360 haben wir umfangreiche Möglichkeiten geboten, um dem Benutzer die Möglichkeit zu geben, einzuschränken, welche Daten für welchen Zweck weiter verwendet werden dürfen", sagt Grasslober. "Dies umfasst sowohl Werbe- und Marketingmaßnahmen wie bspw. die Anmeldung zu einem Newsletter, aber auch die Nutzung von Sprachaufnahmen im Rahmen der Sprachsteuerung und -Suche um die entsprechenden Services zu verbessern. Mit Xbox One werden wir diese Möglichkeiten weiter ausbauen, sodass Benutzer immer Festlegen können, was mit den von ihnen gesammelten Daten passiert."

Bei allen guten Absichten und dem wirtschaftlichen Interesse, seine Kunden nicht zu verunsichern, wird aber wohl weiterhin die Ungewissheit über die Sicherheit persönlicher Daten bestehen, die man bei US-Unternehmen abgelegt hat. Um das Vertrauen wiederherzustellen benötigt es nicht nur von Konzernseiten sondern vor allem von Seite der US-Regierung Transparenz. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 12.7.2013)

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