Wien – Am Freitagnachmittag musste Die Käsemacherproduktions- und Vertriebs GmbH sowie Die Käsemacher Milch- und Käsevertriebs GmbH, mit Sitz in Vitis (Waldviertel) und 200 Mitarbeitern, Insolvenz anmelden. Ein Antrag auf Sanierungsverfahren ohne Eigenverantwortung wurde bei Gericht eingereicht. Betroffen sind knapp 400 Gläubiger. Die Passiva betragen in Summe 4,7 Mio. Euro, über Aktiva ist noch nichts bekannt, bericht der Kreditschutzverband von 1870.

Die Gründe für die Pleite dürften in dem im Mai 2011 erfolgten Umzug nach Vitis und Heidenreichstein und dem Neubau aller Produktionslinien auf 2500 m2  liegen. Die Kosten von 5,5 Mio. Euro überschritten das Budget. Bund, Land Niederösterreich und die EU haben das Projekt gefördert. Die finanzierenden Banken sind, wie der Standard erfuhr: die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, die Volksbank Heidenreichstein und die ÖVAG.

Mentor Christian Konrad

Gründer und Chef der Käsemacher ist Hermann Ploner. Einer seiner Mentoren war der frühere Raiffeisen Generalanwalt: Christian Konrad. Anfang der 1990er-Jahre war Konrad als Banker auch für das nördliche Waldviertel zuständig. Er lieh Ploner gegen den Widerstand der eingesessenen Bauernschaft das Geld zum Ankauf der geschlossenen Molkerei von Waldkirchen nahe der tschechischen Grenze. "Christian hat sich für mich entschieden. Er ist dafür verantwortlich, dass es die Käsemacher in der heutigen Form überhaupt gibt", wird Ploner im Vorjahr im Trend zitiert.

Käsebällchen

Ploner, der selbst aus einer Bauernfamilie stammt, ist der Erfinder von Schafkäsegupferln, Peppersweet-Antipasti und Ziegenkäsebällchen. Er macht Mohn- und Preiselbeerkäse, Waldviertler Goaß-Käse. Er füllt Datteln und Marillen mit Frischkäse und legt sie in Öl ein, und er produziert Fruchtkäse und Chutneys. Käsemacher-Produkte finden sich in den Regalen beim Meinl am Graben ebenso wie beim Billa und Pennymarkt .

Auch das Steirereck sowie zahlreiche andere Gourmetlokale werden beliefert. In mehr als fünfzig Ländern werden die Produkte exportiert.

Die Käsemacher zählten zu den erfolgreichsten Privatunternehmen der heimischen Käsewirtschaft. Am Hof der Käsemacherwelt leben 200 Milchschafe plus Nachzucht auf 45 Hektar Äcker und Wiesen.

Ploner kaufte die vor elf Jahren gescheiterte Mystery-"Anderswelt" und gestaltete die Konkursruine zur "Käsemacherwelt" um. Eröffnung war Mitte 2012. Hier entstand die moderne Schaukäserei. Das Konzept der Käsemacher klang vielversprechend. Ungefähr 35.000 Gäste pro Jahr sollten deren zahlreiche Käsespezialitäten nicht nur sehen, sondern auch fühlen und schmecken können.

Die "Anderswelt" in Heidenreichstein galt als der Inbegriff für Misserfolg. Seit die Käsemacher mit ihrer Erlebniswelt in den ausrangierten Abenteuerpark gezogen sind, sprach man erstmals von einer Erfolgsgeschichte. Neben der Schaukäserei gibt es einen historischen Kaufmannsladen, ein Kino sowie einen Shop und ein Restaurant. Auf dem weitläufigen Areal werden den Besuchern zudem eine Skateboardanlage, ein Beachvolleyballplatz und ein Streichelzoo geboten. (Claudia Ruff, DER STANDARD; 13.7.2013)