Washington/Moskau - Russlands Präsident Wladimir Putin hat den USA die Schuld an der festgefahrenen Lage des in Moskau gestrandeten Geheimdienst-Spezialisten Edward Snowden gegeben. "Sie haben alle anderen Länder so in Angst versetzt, dass ihn niemand möchte. Und auf diese Weise haben sie ihn auf unserem Territorium blockiert", sagte Putin am Montag vor Studenten im Leningrader Gebiet. Auf der Flucht vor den USA sei der 30-jährige US-Bürger "ohne Einladung" auf dem Flughafen in Moskau gelandet. Der Computerspezialist hatte den US-Ausspäh- und -Datenskandal enthüllt.

"Er ist nicht zu uns geflogen, er hatte einen Transitflug in ein anderes Land", sagte Putin nach Angaben der Agentur Interfax. Ungeachtet seiner Ankündigung hat Snowden noch immer keinen Asylantrag in Russland gestellt. Er halte sich auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo auf, meldete Interfax am Montag unter Berufung auf die Migrationsbehörde und den Flughafen. Snowden selbst hatte gesagt, dass er sich dort wohlfühle.

Auch Menschenrechtler, die Snowden am Freitag im Transitbereich besucht hatten, äußerten Unverständnis. "Ich habe den Sinn dieses Treffens bis heute nicht verstanden", sagte Tanja Lokschina von der Organisation Human Rights Watch. Wahrscheinlich sei es nur darum gegangen, Snowdens tatsächliche Anwesenheit in Russland zu beweisen.

"Sein Schicksal"

Nach einem Telefonat von US-Präsident Barack Obama und Putin zu Snowden am Wochenende sagte Lokschina, dass die Asylfrage für den Flüchtling juristisch entschieden werden müsse. Die Behörden dürften sich dabei nicht von politischen Erwägungen leiten lassen.

Putin machte einmal mehr deutlich, dass er Snowden loswerden wolle. Und er zeigte sich ungewöhnlich ratlos auf die Frage, wie es weitergehen solle: "Woher soll ich das wissen? Das ist sein Leben, sein Schicksal."

Russland sieht sich zunehmend als Opfer im Streit mit den USA um Snowden. Eine von den USA geforderte Auslieferung hat Putin aber kategorisch abgelehnt. Nachdem Snowden von Hongkong losgeflogen und am 23. Juni in Moskau gelandet sei, hätten die USA seine Weiterreise verhindert, so Putin. Er gehe weiter davon aus, dass Snowden russisches Territorium verlasse, sobald er die Möglichkeit dazu habe.

Das Asylangebot für Snowden gelte weiterhin, so Putin. "Die Bedingungen für politisches Asyl sind ihm bekannt. Die jüngsten Mitteilungen zeigen, dass er irgendwie seine Position ändert. Die endgültige Situation ist bisher nicht geklärt."

Der Computerexperte hatte am Freitag in Moskau gesagt, er wolle nun doch in Russland Asyl beantragen. Er akzeptiere dazu Putins Bedingung, den USA keinen Schaden durch weitere Enthüllungen zuzufügen. Da er keinen gültigen US-Pass mehr hat, hofft er auf neue Papiere, die ihm eine Weiterreise nach Lateinamerika erlauben. Dort haben ihm mehrere Länder einen Flüchtlingsstatus angeboten. (APA, 15.7.2013)