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Im Gegensatz zu seinem Hotel...

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...nicht mehr in Lignano: Asafa Powell.

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Udine – Die unter dringendem Dopingverdacht stehenden jamaikanischen Sprinter Asafa Powell und Sherone Simpson haben am Dienstag ihr Trainingslager in Lignano Sabbiadoro verlassen. Der ebenfalls umstrittene Fitnesstrainer Chris Xuereb war bereits am Montagabend abgereist. Bei einer Polizeirazzia waren am Montag in Powells Hotelzimmer unbekannte Substanzen gefunden worden.

Vor ihrer Abfahrt wurden Powell und Simpson von den örtlichen Carabinieri befragt. In den Räumlichkeiten der Sportler stellten die Polizisten offenbar an die 50 Schachteln mit Tabletten, Ampullen, Sprays und Salben ohne Etiketten oder genauere Angaben sicher. Eine Analyse soll nun Klarheit darüber schaffen, ob sich darunter Dopingmittel befinden. Das Resultat wird in den nächsten Tagen erwartet.

Polizeichef Antonio Pisapia bestätigte, dass auch Xuerebs Raum durchsucht wurde. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur ANSA hat die Staatsanwaltschaft Udine unterdessen wegen Verstoßes gegen das Anti-Doping-Gesetz eine Untersuchung gegen mehrere Personen eingeleitet.

Erfrischungscocktail

Powells jamaikanischer Trainer Stephen Francis machte Xuereb für den positiven Dopingtest des Ex-Weltrekordlers über 100 Meter verantwortlich. Der Kanadier habe einen schlechten Ruf, er soll den Athleten eine Mischung aus mehreren Nährungsergänzungsmitteln und Spritzen verabreicht haben. "Ich wollte ihn in meiner Gruppe nicht haben, er ist mir jedoch von Powells Manager Paul Doyle aufgezwungen worden", sagte Francis der "Gazzetta dello Sport". Auch Simpson, Olympia-Zweite von 2008, sei demnach von Xuerebs Behandlungen betroffen.

Powell und Simpson hatten am Sonntag bestätigt, in A-Proben positiv auf das Stimulans Oxilofrin getestet worden zu sein.

Versehen eher unwahrscheinlich

Wenig Glauben schenkt der Leiter des Doping-Analyselabors in Köln den Beteuerungen von Powell und dessen Betreuern, versehentlich gedopt zu haben. "Vor vier Jahren hatten wir das gleiche Problem. Vor den Weltmeisterschaften 2009 wurden fünf Jamaikaner positiv auf Methylhexanamin getestet", sagte Wilhelm Schänzer.

Es ist ein Stimulanzmittel, das mit dem von Powell und Simpson eingenommenen Oxilofrin vergleichbar ist. "Die Warnungen vor Methylhexanamin in Nahrungsergänzungsmitteln waren eigentlich gut angekommen", sagte Schänzer. "Sie haben eine Wirkung, die nicht zu vernachlässigen ist. Doch sie sind leicht nachzuweisen. Wer sich damit dopt, der hat von Doping keine Ahnung."

"Sind die so blind?"

Vor der WM 2009 in Berlin waren ebenfalls Sprinter aus Jamaika bei ihren nationalen Meisterschaften positiv auf Methylhexanamin getestet worden. Dazu gehörten Yohan Blake, der 2011 100-m-Weltmeister wurde, Lansford Spence, Marvin Anderson und Allodin Fothergill. Alle erhielten Sperren von wenigen Monaten.

"Dass Athleten heute noch darauf zurückgreifen, kann man sich gar nicht vorstellen", meinte Schänzer. "Wenn denen das vor vier Jahren passiert ist, warum passiert es wieder. Sind die so blind?" Aus diesem Grund dürfe man diese Doping-Fälle nicht herunterspielen – auch nicht, weil es sich nur um "leichtere" Vergehen mit Stimulanzmittel handle.

Und der Fall Türkei kommt erst noch

Die Leichtathletik hat jedenfalls (erneut) ein grobes Problem. "Viele werden den Athleten nicht mehr trauen. Das ist der größte Schaden, den man einem Sport zufügen kann", sagte das deutsche IAAF-Councilmitglied Helmut Digel am Dienstag in der ARD. Immerhin stehen auf der aktuellen Liste des Weltverbandes (IAAF) 265 Namen von Athleten, die wegen Dopings suspendiert oder gesperrt sind.

Nach einer Doping-Welle in Russland droht nun auch der Türkei eine Art Massenausschluss seiner Sportler von den Weltmeisterschaften vom 10. bis 18. August in Moskau: Spekulationen über 30 positiv getestete türkische Leichtathleten kursieren in der Szene. Allein acht der Ertappten sollen bei der Team-EM im Juni in Gateshead am Start gewesen sein. (sid/APA/rob, derStandard.at,16.7.2013)