Washington - Sie war bereits zu Lebzeiten eine Legende. Helen Thomas, US-Journalistin und Korrespondentin im Weißen Haus, ist tot. Sie starb am Samstag im Alter von 92 Jahre, bestätigte die Journalisten-Vereinigung Gridiron-Club in Washington, deren erstes weibliches Mitglied Thomas war. Sie starb nach langer Krankheit in ihrem Haus in der US-Bundeshauptstadt.
Platz in der ersten Reihe
Thomas gehörte dem von männlichen Journalisten dominierten Pressekorps des Weißen Hauses seit 1961 an. Sie berichtete über alle Präsidenten von John F. Kennedy bis zu Barack Obama. Ihre 57 Jahre währende Tätigkeit für die Nachrichtenagentur UPI brachte ihr bei Pressekonferenzen im Weißen Haus einen Platz in der ersten Reihe ein.
Stets die erste Frage
Es war auch Tradition, dass die linksgerichtete Thomas stets die erste Frage stellen durfte, wenn der Präsident selbst vor die Journalisten trat. Das machte ihr Gesicht über die USA hinaus bekannt. Oft waren ihre Fragen provozierend und hartnäckig, mit zunehmendem Alter verstärkte sich das noch.
Kolumnistin für Hearst-Zeitungen
In ihrem letzten Jahrzehnt als Journalistin war Thomas Kolumnistin für die Hearst-Zeitungen. Ihre Karriere endete 2010 wegen einer umstrittenen Bemerkung, die ein Mikrofon aufgefangen hatte. Ein Rabbiner hatte sie damals auf dem Rasen des Weißen Hauses um einen Kommentar zu Israel gebeten. Sie antwortete: "Sag ihnen, sie sollen zum Teufel noch mal aus Palästina verschwinden."
"Wahre Pionierin"
US-Präsident Obama würdigte Thomas als "wahre Pionierin". Sie habe für "Generationen von Frauen im Journalismus Türen geöffnet und Hürden eingerissen".
"Was Helen zur Vorsitzenden des White-House-Pressekorps gemacht hat, war nicht allein die Länge ihres Wirkens, sondern der tiefe Glaube, dass Demokratie am besten funktioniert, wenn wir scharfe Fragen stellen und unsere Führer zur Verantwortung zeihen", erklärte Obama in Washington.
Der frühere US-Präsident Bill Clinton und seine Frau Hillary würdigten Thomas' "außerordentliche" Arbeit und "ihren Einsatz für die Rolle einer starken Presse in einer gesunden Demokratie". (APA, 20.7.2013)