Foto: residenz verlag

Die exjugoslawische Putzfrau, die australische Weltenbummlerin, die britische Übersetzungswissenschaftlerin mit sri-lankischem Migrationshintergrund, der türkische Tänzer, die fünfköpfige "piefkinesische" Familie mit zwei Schildkröten, der ehemalige tibetische Mönch, der US-amerikanische Physiker, der guatemaltekische Fischersohn, der ghanaische Ordensbruder und einige mehr - sie alle hat es irgendwann irgendwie nach Österreich verschlagen.

Die Gründe für die Migration sind unterschiedlich: Krieg, Arbeit, purer Zufall, Familienzusammenführung, Liebe, Neugierde ... Unterschiedlich sind auch die Erfahrungen, die diese Menschen in der neuen Umgebung machen, eines aber haben sie alle gemeinsam: Früher (oder später) wurden sie alle mehr (oder weniger) heimisch, Fremdes wurde irgendwann vertraut.

Die Rede ist von den insgesamt 15 Interviewpartnern, mit denen die Standard-Journalistin Andrea Heigl über ihr Leben und ihre Migrationserfahrungen sprach. Im Band "Mit einem Koffer voll Hoffnung" fasst Heigl die ausführlichen Erzählungen ihrer Interviewpartner einfühlsam zusammen. Manches mag klischeehaft anmuten, aber mit den Klischees scheint es sich so zu verhalten, dass sie paradoxerweise sowohl ihre Bestätigung als auch ihre Widerlegung in sich tragen.

Latenter und offener Rassismus ...

Die Translationswissenschaftlerin Michèle Cooke, deren Familie aus Sri Lanka stammt und die in London aufwuchs, beschreibt, wie der latente und mitunter auch offen ausgetragene Rassismus in Wien ihr zuweilen hart zusetzte. Mit rassistischen Bemerkungen sah sich die dunkelhäutige Frau nicht nur auf der Straße und in Lokalen konfrontiert, sondern auch an der Universität.

Dass sie Österreich dennoch nie den Rücken kehrte, lag nicht zuletzt an ihrem Sohn, der zur Hälfte Österreicher ist: "Er hat mich stabilisiert. Dank ihm habe ich viele Bereiche des österreichischen Lebens kennengelernt. Und ich musste meine Ablehnung gegenüber den Österreichern ablegen. Er ist ja auch einer. (...) Ich habe eine bewusste Entscheidung getroffen, ich habe mir gesagt: Look at them with loving eyes. Das war der Beginn eines langen Prozesses."

... und Hilfsbereitschaft

Rassismus hat in Österreich - so wie in jedem anderen Land - viele Gesichter und zeigt sich nicht immer so plakativ wie auf den Wahlplakaten einiger politischer Gruppen; äußern kann er sich auch unbewusst, unwillkürlich oder reflexartig, als ein angstvoller oder ablehnender Blick auf einen Menschen mit dunkler Hautfarbe, ein Hauch von Misstrauen, eine Irritation beim Buchstabieren eines fremdländischen Namens.

Alle Interviewpartner berichten von solchen Erfahrungen, aber genauso berichten sie von ungeahnter Hilfsbereitschaft, von Chancen und Möglichkeiten, sowohl in Institutionen als auch in der Nachbarschaft, im unmittelbaren Alltag. Eine solche Heldin des Alltags ist Elfriede Strigl, eine pensionierte Bibliothekarin aus Axams, die keine Mühen scheute, um einer tibetischen Familie das Leben in Tirol leichter zu machen.

"Happy End"

"Ein Koffer voller Hoffnung" bietet eine informative und unterhaltsame, streckenweise auch erschütternde und berührende Lektüre, aus der klar hervorgeht, dass Migration ein Phänomen ist, das man langfristig, oft über Generationen hinweg studieren muss, um Erfolge und Fehlentwicklungen erkennen zu können.

Die Menschen, die zu Wort kommen, "haben es geschafft", und so sind ihre Erzählungen gewissermaßen abgerundete "Happy End"-Geschichten, die einen gewissen Hochglanzfaktor aufweisen, analog zu den gelungenen Fotoaufnahmen, auf denen die Interviewten "at their best" in die Kamera lächeln.

Dennoch sollte man sich von der geschönten Aufmachung nicht täuschen lassen, denn Schönfärberei kann man diesem Buch nicht ankreiden. Die Porträtierten gewähren einen tiefen Einblick in ihr Leben, in ihr Denken und ihr Fühlen und zeichnen eine facettenreiche Momentaufnahme der österreichischen Gesellschaft. (Mascha Dabić, daStandard.at, 22.7.2013)