Illu.: Eine neuartige Spiegelbeschichtung auf Einkristall-Basis (Kristallstruktur vergrößert im Vordergrund) reduziert das thermische Rauschen optischer Resonatoren deutlich.

Illu.: Brad Baxley, JILA Scientific Reports Office (SRO)

Wien - Einen technologischen Durchbruch, mit dem noch präziseres optisches Messen von Zeit und Raum möglich wird, haben Forscher aus Wien und den USA in der Fachzeitschrift "Nature Photonics" vorgestellt. Dabei handelt es sich um eine neuartige Spiegelbeschichtung aus Einkristallen, die Laserlicht störungsfreier als bisherige Materialien zurückwirft. Für die Spiegel seien viele wissenschaftliche und technologische Anwendungsgebiete denkbar, erklärte Physiker Markus Aspelmeyer von der Universität Wien.

Optischer Resonator

Die genauesten Methoden zur Messung von Zeit und Raum basieren mittlerweile auf Laserlicht. "Licht kann man im Prinzip als sehr exaktes Maßband oder als Uhr verwenden, wenn man die Wellenlänge bzw. die Frequenz des Lichts sehr gut kennt", so Aspelmeyer. Dazu lassen die Forscher das Licht sehr oft zwischen zwei Spiegeln hin- und herlaufen - dieser "optische Resonator" erlaubt hochpräzise Längen- und Zeitmessungen.

Wenn der Abstand der Spiegel auch nur ganz leicht schwankt, "haben wir ein Problem", so der Quantenphysiker, dessen eigentlicher Forschungsfokus auf grundlegenden quantenoptischen Experimenten liegt. Die Schwankung verursacht eine Störung des Lichts, die mit jedem Umlauf im Resonator größer wird. Der Laser ist also im Prinzip ein perfektes Messwerkzeug, allein durch die Spiegel ergeben sich aber Limitierungen.

Messgenauigkeit

"Die Genauigkeit, die man heute mit optischen Präzisionsmessungen erreicht, ist bereits atemberaubend", so Aspelmeyer. So lassen sich beispielsweise Distanzen auf weniger als ein Zehntausendstel des Durchmessers eines Atomkerns genau bestimmen und Zeit auf einen Bruchteil von einer zehntausend Billionstel Sekunde messen. In manchen Bereichen der Wissenschaft und Technik ist aber auch das noch nicht genau genug.

Die Schwachstelle in heutigen Resonatoren sind mechanische Bewegungen, die aufgrund der Umgebungstemperatur in den reflektierenden Beschichtungen (Coatings) der Spiegel entstehen. Diesem "thermischen Rauschen" kann nur entgegengewirkt werden, indem die Versuchsanordnung abgekühlt wird oder man auf Materialien setzt, "bei denen diese mechanischen Schwingungseigenschaften besser sind", so Aspelmeyer.

Seit mehr als 30 Jahren würde für die nur wenige tausendstel Millimeter dünnen Beschichtungen ein Material mit hervorragenden optischen, aber schlechten mechanischen Eigenschaften verwendet. Mittlerweile verursacht das thermische Rauschen der Beschichtungen aber die größte Ungenauigkeit in den Messungen. Bisherige Versuche, die Coatings zu verbessern, hätten nur relativ bescheidene Erfolge gebracht. "Wir haben hier einen völlig neuen Ansatz", so Aspelmeyer.

Reflektierende Beschichtungen aus Einkristall

Der Erstautor der Studie, Garrett Cole, kommt ursprünglich aus dem Bereich der Halbleitertechnologie. "Unsere eigentliche Motivation war es, bessere Mikrosprungbretter für unsere Quantenexperimente zu bauen. Dazu hat er reflektierende Beschichtungen aus Halbleitermaterial hergestellt, das einkristallin war. Ein Einkristall hat den Vorteil, dass er hervorragende mechanische Eigenschaften hat", erklärte Aspelmeyer.

Nun haben es die Physiker geschafft, aus diesem Material großflächige Spiegel-Beschichtungen zu bauen. Die optischen Eigenschaften sind vergleichbar mit denen herkömmlicher Coatings, aber das "thermische Rauschen" können die Forscher mit der neuen Technologie "um den Faktor zehn" reduzieren. "Wir wissen sogar, wie wir auf den Faktor einhundert kommen könnten", freut sich der Physiker, in dessen Labor die Spiegel entwickelt wurden.

Dieses "Abfallprodukt unserer Quantenforschung" sei für Anwendungen in vielen Wissenschaftsbereichen interessant - von der präzisen Frequenzmessung mit optischen Atomuhren bis hin zur Beobachtung von Gravitationswellen. Wenn es gelingt, die Zeitmessung mittels Lasertechnologie noch zu verbessern, könnten davon auch andere Gebiete profitieren - zum Beispiel die Breitbandkommunikation. (APA, 22.7.2013)