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So sieht es also aus, wenn eine Ehefrau ihrem Mann dessen Eskapaden verzeiht: Huma Abedin (re.) und Anthony Weiner am Dienstag bei einer Pressekonferenz.

Foto: Reuters/Thayer

Das Comeback des Jahres schien den Namen Anthony Weiner zu tragen. Amerikaner, die gern das Konzept der "zweiten Chance" beschwören, schienen in ihm ihr Paradebeispiel gefunden zu haben.

Es ist erst gut zwei Jahre her, da feierten die Demokraten den feurigen Redner noch als einen der neuen Stars der "Generation Obama", ehe die Jubelchöre jäh verstummten und Weiner über sehr private Fotos seiner prall gefüllten Unterhose stolperte. Die Bilder glaubte er einer Studentin in Seattle streng privat via Twitter gesendet zu haben - nicht ahnend, dass er zugleich all seine 45.000 Follower belieferte.

Dem Abschied aus dem Kongress folgte ein kurzer, von Tränen der Reue begleiteter Rückzug ins Private. Dann ging das Stehaufmännchen erneut an den Start, um für die New Yorker Bürgermeisterwahl zu kandidieren, bei der im November ein Nachfolger des Milliardärs Michael Bloomberg bestimmt wird. Bis Dienstag war er auch der Favorit.

Unvergessen bleibt sein Auftritt im Repräsentantenhaus, bei dem er mit heiligem Zorn dafür kämpfte, den Feuerwehrmännern, Polizisten und Freiwilligen, die sich wegen 9/11 die Gesundheit ruinierten, lebenslang die Krankenversorgung zu garantieren.

Der Wutausbruch imponierte vielen dermaßen, dass sie gnädig hinwegsahen über seine Eskapaden. Ob das so bleibt, darf man bezweifeln: Nun musste das Comeback-Kid, fahl im Gesicht, eingestehen, dass er schon wieder Cybersex hatte: diesmal mit einer 22-Jährigen, die unter dem Pseudonym Sydney Leathers chattete.

Ein Blog mit dem unzweideutigen Namen "The Dirty" breitet in allen schlüpfrigen Details aus, was die beiden von Juli bis November 2012 auszutauschen hatten, von sehnsuchtsvollen SMS bis hin zu Nacktfotos. Weiner nannte sich Carlos Danger, als genieße er das Spiel mit der Gefahr.

Verzeihende Ehefrau

Es war genau die Zeit, in der er an seiner Auferstehung bastelte, unterstützt von seiner verzeihenden Ehefrau Huma Abedin. Damals druckte die New York Times eine achtseitige Homestory über das Paar, ihre Krisen und Therapien. Umso empörter rät das Blatt jetzt, Weiner möge seine Neurosen fortan doch mit sich selber austragen - als Polit-Kandidat habe er sich disqualifiziert.

Dabei waren Abedin und Weiner ein Traumpaar der Politik. Sie, zurückhaltende Tochter muslimischer Einwanderer aus Indien und Pakistan, geboren in Michigan, aufgewachsen in Saudi-Arabien, avancierte zur geschätzten Mitarbeiterin Hillary Clintons. Weiner, laut und direkt und zupackend, aus einer jüdischen Mittelschichtfamilie kommend, lernte Abedin kennen, als sich Clinton ums Oval Office bewarb.

So wie Hillary zu ihrer Ehe stand, als Gatte Bill nach der Sache mit Monica Lewinsky um sein Amt fürchten musste, stellt sich auch die düpierte Huma vor ihren Mann. Anthony habe schreckliche Fehler gemacht, dennoch: "Ich liebe ihn, ich habe ihm vergeben, ich glaube an ihn."

Carlos Danger wiederum sieht gar nicht ein, warum er das Handtuch werfen soll. "Dieses Verhalten liegt hinter mir", sagt er trotzig. "Es ist im Rückspiegel." (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, 25.7.2013)