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Welpen brauchen vor allem viel Ruhe, bis zu 20 Stunden am Tag. Zu viel Action kann sie überfordern.

Foto: AP/HARAZ N. GHANBARI

Die Zeit mit dem neuen Welpen stellt man sich meist wunderbar, harmonisch und verspielt vor. Ein knuddeliges neues Familienmitglied, das allen Freude macht und höchstens ein paar anfängliche Probleme mit der (Un-)Sauberkeit hat, mit dem man viel unternimmt und dem man die große weite Welt zeigen kann. Tja, gerade letzteres ist häufig der Grund, wieso die Zeit mit dem Welpen vom Traum zum Alptraum werden kann.

Henry war so ein Fall. Der Labrador-Welpe kam aus einer sehr ruhigen und abgeschotteten Aufzucht in ein liebevolles neues Zuhause ins dicht besiedelte Gebiet und zu Menschen, die sich sehr darum bemühten, alles richtig zu machen und den Welpen gut auszulasten: also viele Spaziergänge, viele Hundebegegnungen, viel spielen, den Hund überall hin mitnehmen.

Henry, der Zerstörer

Doch Henry wurde immer "schlimmer": Er fing an, Dinge kaputt zu machen - nicht bloß seinen Ball oder eine alte Gießkanne, sondern auch Brillen und ähnliches. Nichts war vor ihm sicher, er bellte bei jedem noch so geringen Anlass. Er biss in die Leine, sprang an seinen Menschen hoch, zerrte an ihnen und sie bekamen seine spitzen Welpenzähnchen mehr als einmal zu spüren. Er war an allem dran und durch nichts zur Ruhe zu bekommen.

Ratschläge, ihn mit Schimpfen, Wasserpistole und Härte zur Räson zu bringen, machten das ganze noch schlimmer. Logischerweise. Denn Henrys Problem war nicht, dass er "schlimm" war - also sozusagen wider besseres Wissen bereits Gelerntes nicht anwenden wollte (falls es so etwas unter Hunden geben sollte) - sondern dass er total überfordert und überreizt war. Wie ein quengelndes  hyperaktives Kind, das sich nicht mehr einkriegt und im Supermarkt kreischend auf den Boden wirft.

Natürlich lernte er ganz nebenbei, dass ihm diese Verhaltensweisen das Maximum an Aufmerksamkeit und nur zu oft versuchte Ablenkung mittels Futter einbrachte. Henry ist nicht dumm, im Gegenteil! Aus der ursprünglichen Stress-Reaktion wurde ganz schnell gelerntes, sogenanntes "aufmerksamkeitsheischendes" Verhalten.  Fertig war der unerträgliche, wilde Welpe.

20 Stunden Ruhezeit pro Tag

Henrys Menschen hatten zwei Aufgaben: Dem Welpen die bitter benötigten Schlaf- und Ruhezeiten von rund 20 Stunden pro Tag zu ermöglichen und alle unerwünschten (bereits gelernten) Verhaltensweisen wie Hochspringen, an der Leine zerren oder Dinge klauen entweder zu ignorieren oder zu vermeiden.

Nur so konnte Henry allmählich der ruhige und der entspannte Zeitgenosse werden, den sie sich wünschten. Man muss einem Welpen zwar die Welt kennen lernen lassen, aber Schritt für Schritt, nicht zu viel Action auf einmal.  Spielen besorgen die Welpen sowieso ganz für sich alleine oder mit anderen Hunden - und dabei bitte ebenfalls die Zeit beschränken und abbrechen, bevor es wild wird. Das einzige Spiel, für das ein Welpe den Menschen wirklich braucht, sind Suchspiele. Denn Leckerchen verstecken und suchen kann der Welpe nun doch nicht allein. (Brigid Weinzinger, derStandard.at, 26.7.2013)