Springer stößt seine Printprodukte mit Ausnahme der "Bild"- und "Welt"-Titel an die Funke-Gruppe ab und bewegt damit die Medienbranche. Der Axel Springer Verlag kappt damit seine Wurzeln, lautet das Fazit vieler Kommentatoren, Analysten und Blogger.

"Springer gibt 'Print' auf und verabschiedet sich langsam aber sicher von dem damit verbundenen Journalismus", schreibt "FAZ"-Medienredakteur Michael Hanfeld. "Der Konzern sieht, wie leicht gigantische Konzerne wie Google und andere im Internet Geld verdienen und wie schwer es ist, mit journalistischer Qualität Rendite zu machen", so Hanfeld weiter. Daraus ziehe Springer den Schluss, es den Online-Oligopolisten gleichzutun.

Exit-Strategien für Journalisten

"Axel Springer glaubt nicht mehr an Print. Und auch nicht mehr an die Print-Journalisten", analysiert Karsten Lohmeyer auf lousypennies.de. Jeder einzelne Print-Journalist würde "seine eigene Exit Strategy" benötigen. Printjournalisten rät er, einen eigenen Blog zu starten, sich selbst eine Marke im Netz schaffen oder ein Geschäftsmodell für einen eigenen Internetauftritt entwickeln.

"Das Schlimmste kommt erst noch. Und es kommt bald", warnt auch Thomas Knüwer in seinem Blog Indiskretion Ehrensache, "noch in diesem Jahr wird es massiven Stellenabbau in einigen Verlagen geben."

Bevormundungs-Gen hat ausgedient

Auch der Publizist und Medienunternehmer Ralf-Dieter Brunowsky widmet sich in einem Blogeintrag seinem "früheren Praktikanten Mathias Döpfner", der mit dem Verkauf einen "gordischen Knoten zerschlägt, um den Konzern endgültig neu auszurichten". Medienhäuser dürfen sich strategisch nicht auf klassischen Journalismus beschränken, schreibt er. "Immobilienportale, Holiday-Portale und ähnliches verdienen mehr Geld als klassische Redaktionen". Und digitale Verleger und ihre Journalisten müssten eben akzeptieren, dass Blogger, Foren-Teilnehmer und alle, die ihre Fotos oder Videos ins Netz stellen, Teil ihres Konzepts sein müssen. Brunowsky: "Das Bevormundungs-Gen hat in dieser Welt ausgedient. Die Banken haben das noch nicht richtig gelernt. Aber vielleicht lernen es jetzt die Journalisten?"

Keine Zukunft trotz Umsatzrendite?

Die Geschichte des Axel Springer Verlags lässt am Freitag die "Süddeutsche Zeitung" Revue passieren und liefert einen damit einen Rückblick auf die Entstehungsgeschichte von "Hörzu", dem "Hamburger Abendblatt" und der "Berliner Morgenpost". "Der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner kappt mit dem Verkauf von traditionsreichen Zeitungen und Zeitschriften die Wurzeln des Konzerns. Doch das könnte ihm zum Verhängnis werden, denn gerade im unübersichtlichen Netz entscheiden starke Marken", analysiert dort Caspar Busse.

Er macht auch auf folgenden Aspekt aufmerksam: "Die Zeitungen und Zeitschriften, die Döpfner nun abgibt, sind keineswegs notleidend: Sie haben im vergangenen Jahr mehr als 500 Millionen Euro Umsatz gemacht - und fast 95 Millionen Euro Gewinn. Natürlich gingen Auflagen und Erträge in den vergangenen Jahren nach unten. Trotzdem war eine Umsatzrendite von fast 20 Prozent zu verzeichnen. Jeder Maschinenbau-Unternehmer würde davon nicht einmal träumen. Und so etwas soll keine Zukunft haben?"

Journalismus als Mittel zum Zweck

"Der Verkauf renditeschwacher Printobjekte mag alternativlos sein, Döpfners Entscheidung richtig und konsequent", meint Peter Turi vom Branchendienst turi2.de, "aber nur, wenn man sie nur unter dem Aspekt von Rendite, Aktienkurs und Shareholder Value betrachtet. Der Weg eines Verlegers, der Weg eines Axel Springer, wäre ein anderer gewesen."

Für Andreas Grieß (carta.info) zeigt der Mega-Deal zeigt vor allem eines:" Journalismus ist nur Mittel zum Zweck. Beim vielleicht meistbeachteten deutschen Verlag, Axel Springer, gehen Rendite und Wachstum über publizistische Relevanz und Reichweite. Bei der Funke-Gruppe werden die erworbenen Publikationen dazu verdonnert sein, ihren Kaufpreis zu erwirtschaften. Guter Journalismus ist zweitrangig."

Gräben und digitaler Wandel

Über den "Megadeal und unsere Einstellung zum digitalen Wandel" macht sich Stefan Winterbauer auf meedia.de Gedanken: "Die einen sind bereit, sich dem digitalen Wandel zu stellen, haben vielleicht auch schon die eigenen Lebensentwürfe dementsprechend eingerichtet. Andere setzen darauf, dass es für sie schon noch reichen wird, dass ihr Unternehmen noch so zehn Jahre durchhält." Der große Graben verlaufe "gar nicht zwischen Digital- und Printmedien. Er verläuft mitten in unseren Köpfen."

Die "Krone" für Springer?

Einen anderen Aspekt bringt Harald Müsse, Medienberater und Ex-"Handelsblatt"-Geschäftsführer, ins Spiel. Im Branchendienst wuv.de spekuliert er über Springer und die "Kronen Zeitung": Er wäre nicht erstaunt, wenn Springer bei der "Kronen"-Zeitung zum Zuge kommen könnte. "Die 'Krone' würde sich wunderbar in die neue Springer-Strategie einfügen - wer weiß?" (red, derStandard.at, 26.7.2013)