Die Polizeipräsenz in Wien Alsergrund war am Sonntag beachtlich. Die Flüchtlinge aus dem Servitenkloster protestieren gegen die geplanten Abschiebungen.

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Acht Flüchtlinge, die im Servitenkloster untergebracht waren, wurden festgenommen. Ihre Abschiebung soll unmittelbar bevorstehen.

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Vor dem Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände demonstrierten am Sonntag etwa 50 Menschen.

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Wien - 9887 Kilometer Luftlinie trennen Kardinal Schönborn derzeit von Wien. Schönborn, der anlässlich des Papstbesuchs in Brasilien ist, sieht darin einen Zusammenhang für die überraschende Polizeiaktion am Sonntag, bei der acht Asylwerber aus dem Servitenkloster in Schubhaft genommen wurden.

Schönborn vermutet Wahlkampfmotive

"Ich stelle mir die Frage, warum die Aktion ausgerechnet zu dem Zeitpunkt stattfindet, an dem ich in Rio de Janeiro bin", kritisiert der Kardinal ungewöhnlich scharf in einer Aussendung nur wenige Stunden später. Der Wahlkampf habe wohl auch eine wesentliche Rolle gespielt, mutmaßt Schönborn, der vor einiger Zeit die Schirmherrschaft für die insgesamt 47 Flüchtlinge übernommen hat.

Erst vor wenigen Tagen waren über 20 der Asylwerber "gelindere Mittel" verhängt worden, was von diversen Organisationen kritisiert wurde. Üblicherweise wird die tägliche Meldungspflicht als Alternative zur Schubhaft eingesetzt, wenn Gefahr besteht, dass jemand untertaucht. Da den Flüchtlingen die Grundversorgung bis Ende Oktober zugesichert worden war, äußerte sich auch die Caritas irritiert über die Vorgehensweise.

Abschiebung schon am Montag möglich

Als zehn Männer Sonntagfrüh dieser Verpflichtung in vier unterschiedlichen Polizeistationen nachkommen wollten, wurden acht festgenommen und direkt ins Anhaltezentrum an der Rossauer Lände gebracht. Alle sind pakistanische Staatsbürger, schon am Montag sollen sie abgeschoben werden.

Mir Jahangir aus der schwer umkämpften Region Kaschmir war ebenfalls zur Meldung erschienen. Er ist der Einzige, der nicht festgenommen wurde. "Wahrscheinlich haben sie keine Ausreisepapiere für mich", vermutet er.

Entsetzen im Kloster

Als die Information über die unerwartete Schubhaft im Kloster langsam durchsickert, ist das Entsetzen bei den verbleibenden Flüchtlingen groß. Der Meldepflicht möchte vorerst keiner mehr nachkommen - zu groß ist die Angst, festgenommen zu werden. "Gehen sie aber nicht hin, kann sofort Schubhaft über sie verhängt werden", sagt Klaus Schwertner von der Caritas. Die Polizei habe die Caritas gebeten, persönliche Gegenstände der acht Flüchtlinge einzusammeln und im Anhaltezentrum abzugeben. "Wir haben uns geweigert, aber die anderen Flüchtlinge informiert, falls sie ihren Kollegen etwas vorbeibringen wollen", sagt Schwertner.

Protest vor Anhaltezentrum

Die Verbliebenen sitzen regungslos im Hof des Klosters. Nach der ersten Schockstarre folgt die Wut: Hastig werden Banner aus dem Untergeschoß geholt, wo sie seit März schlafen. "Wir gehen demonstrieren", sagt Numad, einer der Sprecher der Gruppe. Mittlerweile haben sich auch Unterstützer eingefunden, die den Protest begleiten, darunter die Initiative Familie und Freunde gegen Abschiebung und die Sozialistische Linkspartei.

Gemeinsam marschiert die Gruppe von der Grüntorgasse zum Anhaltezentrum ein paar Straßen weiter, flankiert von Polizisten und zahlreichen Einsatzwägen. Doch der Zugang zum Anhaltezentrum, wo die acht Männer sitzen, ist längst gesperrt. "Habt ihr Familie?", schreit einer der Flüchtlinge in Richtung der Polizisten in sein Megafon. Seine Stimme überschlägt sich, keiner der Beamten verzieht seine Miene.

Mikl-Leitner weist Vorwürfe zurück

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) weist alle Vorwürfe zurück. "Auch die Monate vor der Wahl können nicht zu einer rechts- oder polizeifreien Zeit erklärt werden", heißt es in einer Aussendung. Die Betroffenen hätten freiwillige Rückkehrangebote abgelehnt. (Julia Herrnböck, DER STANDARD, 29.7.2013)