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Fäkalbakterien werden von Fliegen auf Lebensmittel übertragen und finden dort meist einen idealen Nährboden.

Beim sommerlichen Einkauf im Bauernladen tummeln sich die Fliegenschwärme auf Speck, Käse und Brot. Auch hinter der Fleisch- und Wursttheke eines Supermarktes surren die Fleischfliegen, in der Bäckerei konkurrieren sie mit Wespen um die Zimtschnecken, und im Eissalon tun sie sich an Erdbeer und Vanille gütlich. Während sich die einen vor Ekel schütteln und nichts kaufen, bleiben andere vollkommen locker und bezeichnen es als ganz natürlichen Umstand.

Übertragung von Fäkalbakterien

Die Tatsache, dass Fliegen bevorzugt zwischen Fäkalien und Lebensmitteln pendeln, dürfte aber beiden Personengruppen bekannt sein. "Wenn sich die Fliegen zuerst auf Hundekot auf der Straße und danach auf Lebensmittel setzen, können sie Fäkalbakterien übertragen ", weiß Mohammad Manafi vom Institut für Hygiene, Angewandte Immunologie, Abteilung Lebensmittelhygiene der Medizinischen Universität Wien.

Werden die kontaminierten Lebensmittel verzehrt, landen die Erreger im menschlichen Magen-Darm-Trakt, und es kann zu Durchfallerkrankungen kommen. Landläufig wird hier von einer "bakteriellen Lebensmittelvergiftung" gesprochen - eine Erkrankung, die sich genau genommen in drei Bereiche aufsplittet: Lebensmittelintoxikation, Lebensmittelinfektion und Toxi-Infektion. Auslöser sind - nach der Häufigkeit ihres Auftretens geordnet - vor allem die Erreger Campylobacter, Salmonellen, Shigellen, Yersinien, Escherichia coli, Staphylokokken, Listerien und Clostridium botulinum.

Offenes Fleisch im Bazar

"Die typischen Fäkalbakterien, die im Magen-Darm-Trakt vorkommen und zu einer Durchfallerkrankung führen können, sind Escherichia coli, Enterokokken und Clostridium", erklärt Manafi. Vor allem in den Sommermonaten wird eine Häufung von Lebensmittelvergiftungen beobachtet, da viele Bakterien warme Temperaturen zur Vermehrung benötigen und Kühlketten häufiger unterbrochen werden.

"Reisedurchfall " im Urlaub ist ein Dauerthema. Manafi: "Immer wieder ist zu beobachten, dass in anderen Ländern Fleisch offen verkauft wird, beispielsweise im Basar. Dadurch steigt auch die Gefahr einer Infektion. - Es ist eben nicht so wie bei uns im Supermarkt, wo das meiste verpackt ist."

Nicht totzukochen

Das Kochen der Lebensmittel empfiehlt Manafi zwar als Präventivmaßnahme, weist aber darauf hin, dass nur 90 Prozent der lebenden Krankheitserreger dabei absterben. Die restlichen zehn Prozent bilden Gifte, die nicht durch das Garen zerstört werden können. Etwa Staphylococcus aureus: ein allgemein verbreiteter Keim, bei dem vor allem die antibiotikaresistente Subspezies als gefährlich einzustufen ist.

Zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen können auch Sporen bildende Dauerformen von Bakterien führen, wie das Bakterium Clostridium botulinum. Indem es eines der stärksten bekannten Gifte, Neurotoxin, produziert, verursacht es die Vergiftung Botulismus. Erst ab 121 Grad Celsius kann es abgetötet werden; eine Temperatur, die beim üblichen Garen nicht erreicht wird. So ist es möglich, dass auch abgekochte und damit keimfrei erscheinende Lebensmittel Gifte enthalten.

Die Frage sei immer, wie viele der Erreger aufgenommen werden, weiß Manafi: "Wenn es wenige sind, können sie nicht viel verursachen. Aber wenn sich Fliegen auf Fäkalien und danach auf Lebensmittel setzen, werden die Bakterien dorthin übertragen und vermehren sich dort." Die von Tieren ausgeschiedenen Erreger können auch einige Zeit lang in der Umwelt überleben.

Immunisierte Landbevölkerung

Auf dem Bauernhof ist ein Leben mit Tieren und Fliegen Alltag, "aber man darf nicht vergessen: Menschen, die dort leben, sind immer in Kontakt mit den Erregern und entwickeln deshalb eine gewisse Immunität. Das ist in der Stadt nicht der Fall", weiß Manafi.

Wie lange es von der Kontaminierung bis zum Ausbruch der Erkrankung dauert, ist vom Erreger abhängig. Das können Stunden sein - zum Beispiel bei Darmbakterien. Es kann aber auch bis zu zehn Tage dauern, bis die Symptome auftauchen; so bei Campylobakter. Ist die Durchfallerkrankung einmal überstanden, gehen ihr die Betroffenen meist nicht mehr auf den Grund. Doch die Ursachen lassen sich auch im Nachhinein in den menschlichen Ausscheidungen nachweisen. "Auch in den Lebensmitteln können wir die Erreger nachweisen, sofern sie noch vorhanden sind", erklärt Manafi. Hat die Infektion außer Haus stattgefunden, ist die Recherche "mühsamer, aber machbar".

Mohammad Manafi würde selbst keine Lebensmittel kaufen oder verzehren, auf denen Fliegen sitzen. Er empfiehlt: "Wenn man das im Verkauf oder in der Gastronomie beobachtet, sollte man die verantwortliche Person darauf aufmerksam machen." Geht es nach dem Experten müssen und dürfen Fliegen auf Lebensmitteln nicht sein: "Das ist durch ganz einfache Hygienemaßnahmen wie Verpackungen oder das Abdecken mit einer Folie zu vermeiden." (Eva Tinsobin, derStandard.at, 7.8.2013)