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Wittmann: Rücktritt nach sechs Jahren.

APA/Fohringer

Wien - "Ich habe mich schweren Herzens dazu entschlossen, nicht mehr zu kandidieren." Und da in seiner beruflichen Tätigkeit als Anwalt neue Aufgaben auf ihn zukommen, wird Peter Wittmann, der von 1993 bis '95 bereits Bürgermeister von Wiener Neustadt sowie von 1997 bis 2000 Staatssekretär im Bundeskanzleramt für Europa, Kunst und Sport war, am 15. November auch Präsident der Bundes-Sportorganisation (BSO) gewesen sein. Wittmann, seit 2007 im Amt, hält es für "besser, mich aus dieser wichtigen Funktion zurückzuziehen".

Und da gibt es im österreichischen Sport schon einige, die dem SPÖ-Politiker diesbezüglich zustimmen mögen. Wittmann gilt als "Dachverbandsmensch", schließlich steht er dem Askö vor, einem der drei großen Dachverbände, die sich das Land gewissermaßen leistet, weil seine Sportstruktur so gewachsen ist, wie sie gewachsen ist. Dem roten Askö steht quasi die schwarze Union gegenüber, der relativ unabhängige Asvö gesellt sich noch dazu. Sehr viel Apparat also für relativ wenig Erfolg, wie sich zuletzt bei den Olympischen Sommerspielen 2012 in London zeigte, wo Österreich ohne Medaille blieb.

Überall dieselben Probleme

Neben den drei Dachverbänden versammelt die BSO die sechzig, für die Sportarten zuständigen Fachverbände. Diese fühlten sich in der BSO, auch von Wittmann, oft stiefmütterlich behandelt. Ihr Aufbegehren dürfte den BSO-Chef in seinem Beschluss zurückzutreten, vorsichtig ausgedrückt, eher bestärkt haben. Insider meinen sogar, das eine habe das andere bedingt.

Das Ringen der Fachverbände um mehr Einfluss bekam vor zweieinhalb Jahren Koordination, als sich die Generalsekretäre der Verbände zu treffen begannen - um Gedanken auszutauschen, vor allem um festzustellen, dass überall dieselben Probleme vorlagen, Probleme wie der hohe bürokratische Aufwand im Umgang mit der BSO oder auch die Tatsache, dass die Fachverbände in wichtigen Gremien unterrepräsentiert waren.

Bald saßen ein Dutzend Sportfunktionäre der größten Sportfachverbände regelmäßig beisammen. Als Motoren der Bewegung taten sich Helmut Baudis vom Leichtathletikverband und Martin Hausleitner vom Handballbund hervor. Am Ende kamen auch die mächtigsten Verbände, ÖFB und ÖSV, mit ins Boot. Bei der "Initiative Fachverbände", einer großen Zusammenkunft im Frühjahr, waren immerhin 45 der 60 Fachverbände vertreten.

Bollwerk Fachverbände

"Wir haben Forderungen gestellt", sagt Baudis, "und es hat sich auch schon einiges bewegt." So sitzen in der Bundes-Sportkonferenz, die ab 2014 für die Aufteilung der Sportfördermittel zuständig sein wird, neben drei Vertretern der Ministerien und vier Vertretern der Dachverbände auch vier Vertreter der Fachverbände, nämlich die Verbandsbosse Peter Schröcksnadel (Ski), Leo Windtner (Fußball), Christian Meidlinger (Schwimmen) und Ralph Vallon (Leichtathletik). Darüber hinaus wird in der BSO ein eigenes Büro eingerichtet, das mit der Servicierung der Fachverbände betraut werden soll.

Das massive Auftreten der Fachverbände, sagt Baudis, sei wohl "auch ein Grund" für Wittmanns Rücktritt. Rudolf Massak, Generalsekretär des Radsportverbands, ergänzt: "Die Fachverbände sind oft geprügelt worden, obwohl sie wenig dafürkonnten." Die drei Dachverbände würden laut Massak "einen großen Teil der Mittel für sich beanspruchen", die heimische Struktur sei "im internationalen Vergleich nicht unbedingt ein Vorteil". Allerdings müssten sich, damit sich etwas ändert, die Dachverbände "wohl selbst auflösen, und das werden sie nicht tun". Ob sich bis Olympia 2016 in Rio de Janeiro viel ändern kann? Massak: "Natürlich brauchen wir den schnellen Erfolg, aber da müssen wir auch auf Glück hoffen. Es liegt wohl ein längerer Weg vor uns."

Als Nachfolger Wittmanns für die Wahl am 15. November schlägt die BSO Herbert Kocher vor. Er ist Vizepräsident des Radsportverbands und gilt als bestens vernetzt. Darauf deutet nicht zuletzt die Tatsache hin, dass Kocher im Askö-Präsidium sitzt. Das kann auch einem Fachverbandsmenschen nicht schaden. (Fritz Neumann, DER STANDARD, 30.07.2013)