
Google Now ist ein vielversprechendes Projekt, aber auch von vielen Problemen besetzt
Der Suchmaschinenkonzern Google und einige kleine Startups aus Silicon Valley arbeiten eifrig an der nächsten Generation der Suche. Googles Bestrebungen in Richtung voraussagender Suche haben bereits die ersten Früchte getragen: Google Now ist eine Art Such-Assistent, der einem proaktiv mitteilt, wann man das Haus verlassen soll, um ein Meeting zu erreichen oder dass sich der geplante Flug doch um eine Stunde verspäten wird.
Herumwühlen in digitalen Hosentaschen
Einige Menschen sehen diese Art der persönlichen Assistenz allerdings mit gemischten Gefühlen, wie die "New York Times" in einem aktuellen Artikel hervorhebt. Es wäre ein weiterer Eingriff in die Privatsphäre, ein regelrechtes Herumwühlen in unseren digitalen Hosentaschen. Das System von Google arbeitet vor allem damit, E-Mails zu scannen, Kalender nach Terminen zu durchsuchen, die aktuelle Position zu ermitteln und die aktuelle Verkehrslage zu analysieren.
Gespaltene Meinungen
Unangenehm ist für viele vor allem die Vorstellung, dass man gar nicht gezielt suchen muss nach Information. Das System, das in erster Linie für mobile Geräte entwickelt wurde, verlangt eine explizite Suche nach Inhalten nicht mehr. Der Kontext der gesamten digitalen Aktivitäten ist die Suche. In Silicon Valley sieht man diese Art der Suche als Revolution. "Was für 30-jährige Entwickler in Silicon Valley funktioniert, muss aber nicht für 60-jährige Manager in New York funktionieren", so Andrea M. Matwyshyn von der University of Pennsylvania. Andererseits könne es nicht mit 200 E-Mails und acht Meetings pro Tag weitergehen, meint reQuall-Chef N. Rao Machiraju, dessen Unternehmen ebenfalls einen persönlichen digitalen Assistenten entwickelt hat.
Relevanz und Kontext
Das größte Problem an diesen Systemen ist aber in erster Linie der Kontext. Wer beispielsweise auf Geschäftsreise in einen Stadt fährt, könnte über anstehende Meetings informiert werden und wichtige arbeitsbezogene PDFs angezeigt bekommen. Wer aber dort hin auf Urlaub fährt, wird diese Informationen nicht brauchen, sondern einen Wegweiser für Sightseeing-Touren. Welche Informationen tatsächlich dem User zur Verfügung gestellt werden, ist schwierig abzuwägen. Wer einen Filmtrailer auf YouTube schaut, wird vielleicht Kinoinformationen aus der unmittelbaren Umgebung haben wollen. Falls einem der Trailer aber nicht gefällt und man den Film gar nicht anschauen möchte, wie relevant ist diese Information dann für den User?
Google will "sehr konservativ" bleiben - vorerst
Diese Fragen werden in den nächsten Jahren von den Machern dieser Services beantwortet werden müssen, um relevant zu bleiben und den größtmöglichen Nutzen daraus zu ziehen. Google, der als größter Experte in der Suchbranche gilt, will vorerst jedenfalls "sehr konservativ" bleiben, wenn es um dieses System geht, wie Produkt-Manager Baris Gultekin wissen lässt. (red, derStandard.at, 30.7.2013)