Österreich gefällt sich in der Rolle des Musterschülers. Die im EU-Vergleich niedrige Arbeitslosenrate eignet sich dafür trefflich. Doch der Blick hinter die vorbildlichen Beschäftigungszahlen verzerrt manch schönen Schein: Da wimmelt es von kurzfristigen Billigjobs, Kettenverträgen, Teilzeit- und Leiharbeit, erzwungenen freien Dienstverhältnissen und unfreiwilliger Selbstständigkeit.

Auch wenn die Zahl freier Dienstnehmer sinkt: Nahezu ein Drittel aller unselbstständig Erwerbstätigen ist bereits atypisch beschäftigt, der Großteil davon Frauen. Die Zahl an "normalen" Arbeitsverhältnissen sinkt weiter. Vollzeitstellen etwa sind im Einzelhandel längst Mangelware.

Flexibilität in Ehren - doch dass diese Freiheit selbst gewählt sein soll, wie Arbeitgeber gerne weismachen wollen, ist angesichts der prekären Rahmenbedingungen, in die sich viele Mitarbeiter begeben, Unsinn. Klar, Anstellungen für alle und jeden sind allein aufgrund der hohen Lohnnebenkosten unrealistisch. Und natürlich brachte Teilzeit quer durch die Branchen einen Schub an neuen Jobs.

In der Praxis wird sie für viele aber zur Sackgasse - ohne Aufstiegschancen, stattdessen mit reichlich unbezahlten Überstunden. Werkverträge sind vereinzelt sinnvoll. Sie jedoch einer Masse an Mitarbeitern überzustülpen und sich so systematisch aller Risiken und Pflichten zu entledigen macht die Sache zynisch. Widerstand der Belegschaft erübrigt sich: Wer setzt schon seinen Arbeitsplatz aufs Spiel? (Verena Kainrath, DER STANDARD, 31.7.2013)