Der US-Geheimdienst NSA kann mit seinem Überwachungsprogramm nach neuesten Enthüllungen des Informanten Edward Snowden einzelne Personen im Netz umfassend kontrollieren. Unter Berufung auf Snowdens Unterlagen berichtet der britische "Guardian", die Software "XKeyscore" erfasse "nahezu alles, was ein typischer Internetnutzer tut".
Zugriff auf gewaltige Datenmengen
Die Tageszeitung stellte eine NSA-Präsentation ins Netz, nach der Mitarbeiter über "XKeyscore" Zugriff auf gewaltige Datenmengen haben. Dem Dokument von 2008 zufolge können Geheimdienstler in den "enormen Datenbanken" der NSA nach Namen, E-Mail-Adressen, Telefonnummern und Schlagworten suchen. Für die einzelnen Anfragen bräuchten sie keine gesonderte Zustimmung eines Richters oder eines anderen NSA-Mitarbeiters, schreibt der "Guardian".
Beobachtung in Echtzeit
Auch die Beobachtung der Internetaktivität einzelner Menschen in Echtzeit sei mit "XKeyscore" möglich. Unter anderem könne man die IP-Adresse jedes Besuchers einer bestimmten Website erfassen. Inhalte der Kommunikation würden drei bis fünf Tage lang gespeichert, Verbindungsdaten 30 Tage. Innerhalb eines solchen 30-Tage-Zeitraums im Jahr 2012 seien 41 Milliarden Datenpunkte zusammengekommen.
Verdächtig: User die in Pakistan Deutsch kommunizieren
Nutzer könnten dabei nicht nur über ihre E-Mail, sondern mittels einer detaillierten Suchmaske auch über zahlreiche weitere Kriterien gefunden werden, berichtet die Zeitung: So könne das Internet etwa nach Personen durchsucht werden, die in Pakistan verdächtigerweise auf Deutsch kommunizieren oder den Kartendienst Google Maps nutzen, um Anschlagsziele auszuspähen. Genau diese Index-Funktion würde "XKeyscore" von den anderen aufgedeckten Spähprogrammen unterscheiden. Laut den präsentierten Unterlagen des Geheimdienstes wurden "mehr als 300 Terroristen" dank des Programms gefasst. Konkrete Beispiele wurden vom "Guardian" aber geschwärzt.
Vier Folien geschwärzt
Laut dem "Guardian" ist das Programm der Beweis von Snowdens Behauptung, dass er als NSA-Zuarbeiter "jeden ausspähen könnte, auch den US-Präsidenten" - wenn er denn dessen E-Mail-Adresse gehabt hätte. Vier der 32 als "streng geheim" markierten Folien aus der internen Präsentation des Programms zu Trainingszwecken wurden geschwärzt, da sie Informationen zu spezifischen NSA-Einsätzen enthielten. Das Programm wird den Angaben zufolge stetig verbessert und läuft auf über 500 Servern in aller Welt, auch auf dem Gebiet klassischer US-Rivalen wie Russland, China und Venezuela.
Präsidentensprecher dementiert flächendeckende, ungeprüfte Zugriffe
Nach den neuen Veröffentlichungen verteidigen sich die Verantwortlichen. Das Programm sei nur ausgewählten Personen zugänglich und unterliege strengsten "gegenseitigen Kontrollen" gegen Missbrauch, erklärte das Weiße Haus am Mittwoch. "Der Vorwurf flächendeckender, ungeprüfter Zugriffe auf NSA-Daten ist falsch", versicherte Präsidentensprecher Jay Carney. Auch die NSA widersprach in einer Presseaussendung der Behauptung, sie sammele "willkürlich und grenzenlos" Informationen, und warnte vor der Gefährdung wichtiger Quellen und Aufklärungsinstrumente durch Medienberichte. (APA, 31.7.2013)