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Bei Jodmangel zum Zeitpunkt der Schwangerschaft kann es zu einer geschädigten Gehirnentwicklung und Problemen in der Schule kommen.

Foto: dpa-Zentralbild/Marc Tirl

Bochum – Während einer Schwangerschaft verdoppelt sich der Bedarf an Jod, das für den Aufbau der Schilddrüsenhormone benötigt wird. Eine britische Studie hat nun gezeigt, dass schon ein geringer Jodmangel der Hirnentwicklung des Kindes schaden kann. Verminderte Intelligenz sowie eingeschränkte Lese- und Sprachfähigkeit des Kindes können die Folge sein. Experten empfehlen schwangeren Frauen die Einnahme von Jodtabletten.

Schlechtere Ergebnisse

Die Forscher hatten in Südengland etwa 1000 Kinder von der Schwangerschaft ihrer Mütter bis zum Grundschulalter begleitet. Bei zwei Drittel der Schwangeren war in einem Harntest ein Jodmangel festgestellt worden. Ihre Kinder hatten im Alter von acht Jahren häufiger schlechtere Ergebnisse im sprachlichen Teil eines Standard-Intelligenztests als der Durchschnitt, und im neunten Lebensjahr fielen sie bei einer schulpsychologischen Untersuchung durch verminderte Fähigkeiten in Lesetests auf.

"Sie waren langsamer, machten mehr Fehler und verstanden den Text schlechter als Kinder, deren Mütter in der Schwangerschaft ausreichend mit Jod versorgt waren", sagt Helmut Schatz, Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). "Die Unterschiede in der kognitiven Entwicklung, also in Bezug auf die verstandesmäßigen Fähigkeiten, waren statistisch eindeutig."

Verbreiteter Mangel

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) betrachtet Jodmangel während der Schwangerschaft als die wichtigste vermeidbare Ursache für einen Hirnschaden des Kindes. "Am meisten betroffen sind Entwicklungsländer. Doch auch die entwickelten Länder sind keineswegs immun, wie die aktuelle Studie aus Großbritannien zeigt", sagt Dagmar Führer, Vize-Präsidentin der DGE.

Auch in Deutschland hätten viele Schwangere einen Jodmangel - etwa ein Fünftel der Frauen habe schon vor der Schwangerschaft eine leichte Schilddrüsenvergrößerung (Struma), die auf einen Mangel zurückzuführen ist. In Österreich ist die Lage vermutlich ähnlich. 

Lebenswichtiges Spurenelement

Als lebenswichtiges Spurenelement muss Jod über die Nahrung aufgenommen werden. Seit bald 100 Jahren sind die Konsequenzen eines Jodmangels bekannt. Reagiert wurde darauf durch das Anreichern von Speisesalz mit Jod und die Verwendung dieses jodierten Salzes in der Nahrungsmittelindustrie. Seit einigen Jahren gibt es einen umgekehrten Trend. "Meersalz wird als ‚natürlicher‘ angepriesen und jodfreies Salz wird weltweit vermehrt von Lebensmittelherstellern eingesetzt. Wir gehen wieder einem Jodmangel entgegen, der nicht sein müsste", so Schatz.

Mit Jod angereichertes Speisesalz allein ist für Schwangere nicht ausreichend, um das Joddefizit zu senken. Die WHO empfiehlt während der Schwangerschaft und in der Stillzeit eine Jodaufnahme von insgesamt 250 Mikrogramm (µg) pro Tag. Da mit der Nahrung täglich etwa 100 µg aufgenommen werden, heißt das konkret, dass die Schwangere pro Tag eine Tablette mit 100-150 µg Jod nehmen sollte. (red, derStandard.at, 1.8.2013)