Die "Drittelparität", also die gleichgewichtige Mitbestimmung von Professoren, Assistenten und Studierenden an den Universitäten, war der Kern der Universitätsreform der Kreisky-Ministerin Hertha Firnberg Anfang der 1970er-Jahre. Getragen war sie vom Reformgeist und von den Forderungen der 68er-Rebellion.

Aufgeweicht wurde dieser Reformelan bereits in den 90er-Jahren, endgültig abgeschafft jedoch von der Schüssel-Regierung mit der FPÖ. Die stockkonservative ÖVP-Ministerin Elisabeth Gehrer stellte alles Bisherige auf den Kopf und propagierte das "Unternehmen Universität" mit dem Ziel, endlich "Weltklasse" zu werden.

In ihrem Wahlprogramm kehrt die SPÖ jetzt wieder zu Firnberg zurück, der selbst in konservativen Professorenkreisen geschätzten Intellektuellen. Das ist eine kleine Sensation. Vor allem deshalb, weil sich damit neben der Frage der Studiengebühren ein zweites Problemfeld auftut, das zumindest auf dem Gebiet der höheren Bildung keine Einigung zwischen SPÖ und ÖVP zulässt. Also ein No-Go für die Fortsetzung der großen Koalition ist.

Funktioniert nicht

Zum sachlichen Aspekt dieser 68er-Renaissance: Die Drittelparität hat nie funktioniert. Aus mindestens drei Gründen: 1. Weil sie von den älteren Professoren in den 70er- und 80er-Jahren strikt abgelehnt wurde. 2. Weil unter den Studentenvertretern nur eine Minderheit die nötige Qualifikation aufbrachte. 3. Weil diese Formel, so sie in anderen Ländern (teils in Deutschland) eingeführt wurde, ebenfalls den Torpedos der Ablehnungsfront erlag.

Jedoch: Das Modell Gehrer/ Höllinger (Sigurd Höllinger war als Sektionschef ein Abtrünniger von der Firnberg-Politik) funktioniert ebenfalls nicht. Die Mitbestimmung der Assistenten und Studierenden wich einer Mitbestimmung von außen via Uni-Räte. Die konservativen Reformer begingen einen Kapitalfehler: Es floss zu wenig Geld, wodurch sie ihre eigene Ideologie - und nicht nur die Unis selbst - an den Rand des Verhungerns brachten.

Sollte die SPÖ das Modell Firnberg nur kopieren wollen, wäre das Scheitern vorprogrammiert. Sie müsste es heutigen Gegebenheiten anpassen. Und vor allem auch das "Hire and fire"-System im Mittelbau ändern. Die im Wahlprogramm ebenfalls geforderte Reform der Hochschülerschaft wäre die Komplettierung eines Neubeginns.

Reine Rhetorik

Noch ist nicht abzusehen, ob Werner Faymann (und wer noch?) diesen Vorstoß überhaupt ernst meint. Oder ob er nicht bloß ein rhetorisches Angebot an die latent (zugunsten der Grünen) unterschätzte Studentenschaft ist. "Uni brennt", der Aufstand mit Audimax-Besetzung im Jahr 2009, hat gezeigt, dass die Solidarisierung zwischen Studierenden, Assistenten und Professoren die konservative Fassade der Unis durchbricht, wenn die Temperatur des Unmuts den Topfdeckel hebt.

Zumindest das scheinen die Sozialdemokraten begriffen zu haben. Die Grünen offenbar noch nicht. Und die Schwarzen? Die werden - wieder einmal - dagegen sein. (GERFRIED SPERL, DER STANDARD, 5.8.2013)