Was passiert, wenn die Erlöse aus dem Bezahlmodell nicht ausreichen, um jene in Print wettzumachen? In ratlose Gesichter der Chefredakteure blicke man da, schreibt Cordt Schnibben, der sich in den vergangenen Monaten in den Redaktionen deutscher Tageszeitungen umgehört hat. Im "Spiegel" hat er eine lange Strecke zur Lage der Tageszeitungen veröffentlicht. "Breaking News" ist der Titel, doch (noch) handelt es sich um keine Eilmeldung. Die Headline zielt vielmehr darauf ab, dass Auflagen wie Anzeigenerlöse sinken, das traditionelle Nachrichtengeschäft zerbricht. Vor unseren Augen spielt sich ein "Zeitungsdrama" ab, es wird lamentiert, aber auch Neues ausprobiert.

"Ein bisschen wie eine Talkrunde nach einem haushoch verlorenen WM-Endspiel", kommentiert Nils Jacobsen im Branchendienst meedia.de. Ihm fehlt im gedruckten "Spiegel", wie man es in Zukunft besser machen kann. Zu Wort kommen - in der iPad-Ausgabe auch multimedial - Jan-Eric Peters ("Welt"), Stefan Plöchinger ("Süddeutsche"), Brigitte Fehrle ("Berliner Zeitung"), Arno Makowsky ("Münchner Abendzeitung"), Stephan-Andreas Casdorff, Wolfgang Krach, Lorenz Maroldt vom "Tagesspiegel" und "FAZ"-Herausgeber Frank Schirrmacher.

Neue "Mediendiven"

Grund für die Misere sind für Schnibben die neuen "Mediendiven". Damit sind nicht etwa gefeierte Journalistinnen und Journalistinnen gemeint, sondern der digitale Bürger, die digitale Bürgerin, der, die sich mittlerweile in einer anderen Öffentlichkeit bewegt, als man sie im 20. Jahrhundert kannte. "Der digitale Bürger kommuniziert in Nischen, in vernetzten Gruppen, in Blogs, unter Followern und Freunden", beschreibt ihn Schnibben, "verwöhnt von den Möglichkeiten der neuen digitalen Medien, gelangweilt von analogen Textbündeln, von Zeitungen, die ihm zu teuer sind und vollgestopft mit Texten, die ihn nicht interessieren".

Liken und linken

Dass dazu auch Journalisten zählen, gibt der "Spiegel"-Reporter im "Spiegelblog" zu. Statt mit den gedruckten Ausgaben von "Süddeutscher Zeitung", "taz" und "FAZ", beginnt Schnibbens Tag mittlerweile damit, was "Hunderte Frühaufsteher aussortiert, geliket, gelinkt" haben. "Printprodukte nur digital zu vermarkten, das ist so wenig die große Lösung wie Bezahlmodelle für Online-Journalismus", weiß Schnibben. Letzeres wollen etwa "Süddeutsche", "FAZ" und "Spiegel" bis Ende des Jahres einführen.

Ohne dass sich der Leser zu seiner Zeitung bekennt, werde es jedenfalls nicht gehen, erklärt er in "elf Vorschlägen für eine bessere Zeitung". Sein Trost für Medienschaffende: "Deutsche Zeitungen können nicht in China zu Dumping-Preisen zusammengeschrieben werden." (sb, derStandard.at, 5.8.2013)