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Menschenrechtsorganisationen und UNHCR appellieren seit Monaten an die Internationale Staatengemeinschaft, den syrischen Flüchtlingen und angrenzenden Staaten zu helfen.

Foto: reuters/MUHAMMAD HAMED

Damaskus/Genf - Rekrutierung als Kindersoldaten, sexueller Missbrauch, Zwangsarbeit: Die syrischen Flüchtlinge sind dem Blutvergießen in ihrer Heimat knapp entkommen, nun drohen ihnen aber nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in vielen Auffanglagern Gewalt und andere Menschenrechtsverletzungen. Wieder gibt es eine erschütternde Bilanz über die Lage in Flüchtlingscamps in der Krisenregion.

Die mancherorts herrschende Gesetzlosigkeit mache Vertriebene erneut zu Opfern - und treibe sie mitunter zurück in ihr vom Bürgerkrieg gezeichnetes Heimatland, schildert UNHCR. Die meisten der 1,8 Millionen Flüchtlinge seien in den Nachbarländern Jordanien, Libanon und Irak untergekommen - überwiegend aber in kleineren Gemeinden statt in offiziell ausgewiesenen Lagern. Viele der Flüchtlingskinder haben nach UNHCR-Angaben keinen Zugang zu Schulbildung und sind dadurch leichte Beute für bewaffnete Gruppen, die sie als Kämpfer zurück nach Syrien verschleppen. Auch Erwachsene würden so rekrutiert, während körperliche und sexuelle Gewalt vor allem Kinder und Frauen treffe. Zu Arbeitsdiensten werden demnach Flüchtlinge aller Altersgruppen gezwungen.

Besonders schlimme Lage in Saatari

Besonders schlimm ist die Lage im jordanischen Lager Saatari, das dem Flüchtlingshochkommissariat zufolge von organisierten Verbrecherbanden und militanten Rebellen aus Syrien unterwandert ist, die dort rücksichtslos ihre finanziellen und politischen Ziele verfolgten. Mit 130.000 BewohnerInnen hat das Flüchtlingslager Saatari die Größe einer mittleren Stadt in Jordanien. Angesichts der miserablen Zustände dort findet es das UNHCR "nicht überraschend", dass einige Insassen eine Heimkehr dem weiteren Verbleib in dem Camp vorzögern.

Vor wenigen Monaten appellierte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International an die Internationale Staatengemeinschaft, die Nachbarländer mit der Flüchtlingswelle zu unterstützen. Die Flüchtlinge würden in "extrem schwierigen Bedingungen" leben. "Europa muss helfen, wir können uns nicht mit Sonntagsreden begnügen", verlangte im April die französische Abgeordnete Josette Durrieuin einer Versammlung des Europarats. Die Schweizer Liberale Doris Fiala sprach von einer "humanitären Katastrophe". In dem Lager Al-Saatari habe sie erlebt, dass Flüchtlinge sogar um Wasser kämpften. Zugleich warf sie der Schweiz und anderen europäischen Ländern mangelnde Hilfsbreitschaft vor. "Alles, was wir haben, ist Angst vor syrischen Flüchtlingen bei uns", sagte sie.

Sexuelle Gewalt als Kriegswaffe

Sexuelle Gewalt wird oftmals auch als Kriegswaffe eingesetzt, aber nicht geahndet: Frauen werden verschleppt, vergewaltigt, gefoltert und getötet, hieß es in einem im Jänner veröffentlichten Bericht des International Rescue Comittees zur Lage in Syrien. In der 4. Genfer Konvention über "den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten", den beiden Zusatzprotokollen von 1977 und dem Statut des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag wurde festgehalten, dass im Rahmen eines bewaffneten Konflikts sexuelle Gewalt als Kriegsverbrechen zu werten ist.

Und trotzdem: Frauen und Kinder werden vor den Augen ihrer Familien zu Opfern von Gruppenvergewaltigungen. So wenig die Verbrechen geahndet werden, so wenig ist auch sexuelle Gewalt ein Asylgrund - nur wenige Länder gewähren Opfern sexueller Übergriffe Asyl, wie etwa Australien, Neuseeland und die USA.

In Syrien dauert der Konflikt nun länger als zwei Jahre. Schätzungen der Vereinten Nationen wurden mehr als 100.000 Menschen getötet, mehr als zwei Millionen Menschen sind selbst in Syrien auf der Flucht vor Gewalt. Mehr als vier Millionen SyrerInnen benötigen humanitäre Hilfe. (APA, red, dieStandard.at, 7.8.2013)