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Leere Straßen in der Nähe der US-Botschaft in Sanaa: Jemenitische Armee hat einen Checkpoint errichtet

Foto: EPA/YAHYA ARHAB

Sanaa/Wien - Der Chefredakteur der Yemen Post versichert zwar auf der Homepage seiner Zeitung, dass die Jemeniten mehr Angst vor US-Drohnenangriffen als vor Al-Kaida hätten, aber die Verunsicherung in Sanaa war am Dienstag dennoch groß. Die USA sollen nicht nur Attentatspläne von hochrangigen Al-Kaida-Funktionären - Nummer eins Ayman al-Zawahiri telefonierte mit Nasser al-Wuhayshi, Chef von AQAP (Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel) - abgehört haben. Laut jemenitischen Geheimdiensten setzten sich in den vergangenen Tage etliche Al-Kaida-Militante in die Hauptstadt in Bewegung.

Die jemenitischen Medien berichten von der Angst der Bewohner von Sanaa, ihre Einkäufe zur Vorbereitung der Festtage am nahenden Ramadan-Ende zu erledigen: Mangels US-Zielen könnten sich die Terroristen mit einem Anschlag auf einen Marktplatz oder Ähnlichem begnügen. Etliche westliche Staaten halten ihre Botschaften geschlossen, USA und Großbritannien riefen ihre Staatsbürger auf, das Land zu verlassen.

Präsident Hadi in den USA

Im Gegensatz zu seinen Landsleuten ist auch der erste Bürger des Jemen in Sicherheit: Interimspräsident Abdel Rabbo Mansur al-Hadi reiste Ende Juli zur Behandlung seiner Herzkrankheit in die USA. Bei einem gemeinsamen Presseauftritt betonte US-Außenminister John Kerry die "umfassende" Zusammenarbeit der Länder: Tatsächlich kooperierte der Jemen nach 9/11 eng mit den USA beim "war on terror" - was einer der Gründe dafür war, dass Washington 2011 vom sich abzeichnenden Abgang seines Verbündeten, des Langzeitpräsidenten Ali Abdullah Saleh, anfangs gar nicht so begeistert war.

Diese US-jemenitische Zusammenarbeit war 2004 einer der Auslöser für den Aufstand der schiitischen Huthis im Norden des Jemen - der wiederum die jihadistischen Aktivitäten im Jemen verstärkte. Al-Kaida nützt die inneren Konflikte und den schwachen Staat geschickt aus und gedeiht besonders gut an den Bruchstellen: Im Südjemen ist es der seit über zwanzig Jahre andauernde Konflikt mit dem hegemonialen Nordjemen. Nach dem Ausbruch des Arabischen Frühlings 2011 kontrollierte AQAP im Südjemen zeitweilig beträchtliches Territorium, wie etwa die Hauptstadt von Abyan, Zinjibar, oder die Stadt Shaqwa in der Provinz Shabwa. Im Sommer 2012 konnte die Armee diese Situation revidieren.

Die Selbstbezeichnung von AQAP - die 2009 durch eine Vereinigung der Al-Kaida-Filialen Saudi-Arabiens und des Jemen entstand - ist heute Ansar al-Sharia (ASS), die im Oktober 2011 auf die US-Terrorliste gesetzt wurde. Experten gehen jedoch davon aus, dass es sich mehr oder weniger nur um eine Umbenennung handelte, ein Rebranding. "Helfer der Scharia" ist leichter in der jemenitischen Bevölkerung - der ärmsten der arabischen Welt - zu verkaufen. Die AAS betont, in den von ihr kontrollierten Gebieten für gute Services gesorgt zu haben, etwa gratis Strom und Wasser.

Nationaler Dialog

Der jemenitische Staat hat jedoch den Kampf um sein Überleben, unterstützt von den Golfkooperationsländern, den USA und der EU, aufgenommen: Im Februar 2012 hatte Hadi seinen Vorgänger Saleh für eine Interimsperiode, die zwei Jahre dauern soll, abgelöst. Seit April 2013 läuft - zäh und schwierig, aber doch - der "Nationale Dialog", bei dem 565 Vertreter ein Konzept unter anderem für eine neue Verfassung entwerfen sollen. Die Sezessionsgelüste im Südjemen sind wahrscheinlich das schwierigste Problem, aber auch woanders bleibt die Lage labil. Am Freitag etwa griffen entlassene republikanische Gardisten Soldaten vor dem Präsidentenpalast in Sanaa an: Sie wollten aber nur ihren früheren Ramadan-Bonus wiederhaben.(Gudrun Harrer, DER STANDARD, 7.8.2013)