Wien - Es ist nicht so, dass Rapids Sportdirektor Helmut Schulte faul geworden ist. Im Gegenteil. Aber in den letzten Tage ist es um ihn still geworden. Das liegt daran, dass Rapid auf einmal Fußballspiele gewinnt. Attraktiv gewinnt. Die Fans, die lange gebockt haben, sind begeistert, der Boulevard schwärmt von der "Hütteldorfer Boygroup". Schulte muss nichts erklären. "Ein gutes Zeichen. Dabei rede ich ausgesprochen gerne über Misserfolge." Scherz eines Deutschen, der unter die Rubrik "Wiener Schmäh" fällt. Schulte, dessen Kompetenz unbestritten ist, dürfte angekommen sein.
Das Derby am Sonntag gegen die Austria ist ausverkauft, zum Europa-League-Spiel gegen Asteras Tripolis werden mindestens 15.000 Menschen ins Hanappi kommen. Asteras ist von der Popularität her das Wiener Neustadt Griechenlands. Der Klub suchte um 100 Karten an. Rapid, für seine Großzügigkeit unbekannt, gab 200 her. Trainer Zoran Barisic sagte: "Die Leute werden helfen, dass wir bei der Hitze die letzten Kräfte rauspicken. Das 1:1 ist ein gutes, aber gefährliches Resultat." Barisic trug am Tag davor ein Leiberl mit der Aufschrift "Weakness is not an Action". Er meint, was er anhat.
Eine kleine Serie
Die Boygroup hat Wiener Neustadt 4:0 geschlagen, bei Asteras ein 1:1 geholt. Der vorläufige Höhepunkt war das 4:2 bei Sturm Graz. Ab der 47. Sekunde und bei 36 Grad im Schatten musste die Band mit einem Mann (Boy) weniger auskommen. Der 20-jährige Maximilan Hofmann hatte die Notbremse gezogen. Der 21-jährige Brian Behrendt gab sein Ligadebüt in der Startformation. Als Innenverteidiger erzielte er das zwischenzeitliche 3:1. Ein Schuss aus 25 Metern. Schuss ist eine Untertreibung, es war eine Granate. Wobei martialische Ausdrücke natürlich abzulehnen sind.
Behrendt ist ein Beispiel aus der Boygroup. "Ich wusste selbst, was ich drauf habe. Aber dass die Bombe so schnell platzt, damit hat niemand gerechnet." Louis Schaub ist ein anderer Musikant. Die 18-jährige Offensivkraft hat Anlagen, die schenkt einem der Liebe Gott nur, wenn er gut aufgelegt ist. Der momentan verletzte Dominik Wydra ist auch erst 19.
Behrendt ist Deutscher. Er lernte das Kicken in der Akademie des HSV. 2008 übersiedelte die Familie nach Österreich, Papa Behrendt nahm einen Posten als Lebensmitteltechniker an. Sie wohnten in Baden, in der nahen Südstadt trainierte die Rapid-Akademie. Brian spielte vor und wurde sofort genommen. Die Eltern sind vor zwei Jahren nach Deutschland zurückgekehrt, Brian ist geblieben. Im Frühjahr wurde er an den Erstligisten Horn verliehen. Für die Regionalliga Ost, in der die Amateure engagiert sind, war er zu stark. "Mir gelingt es, mich dem jeweiligen Niveau anzupassen." Behrendt schätzt den Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft. "Wir haben die Power, einen Gegner 90 Minuten lang kaputt zu laufen." Man dürfe freilich nicht nur die Jungen hervorheben. "Die Routiniers wie Steffen Hofmann weisen den Weg."
Schulte traut dem Frieden noch nicht ganz. Er hat das Scheitern im Cup am LASK nicht vergessen. Aus einer angeblichen Not müsse eine Tugend gemacht werden. "Ist kein Geld da, muss man vom eigenen Nachwuchs leben können. Das sollte man auch mit Geld." Rapid dürfe sich nicht treiben lassen. "Es ist wunderbar, wenn man aus dem eigenen Zylinder keine Hasen, sondern Topspieler ziehen kann. Das gibt ein Gefühl der Zufriedenheit." Behrendt ist kein Hase, allerdings endet sein Vertrag im Sommer. Schulte: "Die Zeiten, junge Leute langfristig binden zu können, sind vorbei. Da bedarf es viel Überzeugungskraft."
Behrendt möchte Asteras ausschalten, das Derby gewinnen. "Und mich überzeugen lassen." (Christian Hackl, DER STANDARD, 8.8.2013)
Technische Daten und mögliche Aufstellungen:
Fußball-Europa-League/Qualifikation, 3. Runde, Rückspiel:
SK Rapid Wien - Asteras Tripolis (Donnerstag, Wien, Hanappi-Stadion, 20.30 Uhr/live ORF eins, SR Simon Lee Evans/WAL). Hinspiel 1:1 - der Aufsteiger steht im Europa-League-Play-off (Auslosung am Freitag/13.00 Uhr in Nyon).
Rapid: Novota - Trimmel, Sonnleitner, Behrendt, Schrammel - Petsos, S. Hofmann, Boskovic - Schaub, Boyd, Burgstaller
Ersatz: Radlinger - M. Hofmann, Denner, Palla, Grozurek, Sabitzer
Es fehlen: Pichler (gesperrt), Dibon (Schultereckgelenksverletzung), Wydra (Bänderriss im Knie), Schimpelsberger, Alar (beide Achillessehnenriss), Starkl (Knöchelbruch)
Asteras: Bantis - Tsambouris, Goian, Kourbelis, Pipinis - Zisopoulos - Navarro, Usero, De Blasis, Caffa - Barrales
Ersatz: Georgakopoulos - Lisgaris, Munafo, Zaradoukas, Bakasetas, Grazzini, Juanma