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In Salzburg residierte die WEB im noblen Andräviertel. Hinter der Gründerzeitfassade taten sich aber bald finanzielle Abgründe auf.

Foto: apa

Salzburg - Gerüchte hatte es schon die Jahre davor gegeben, der eigentliche Startschuss zur Pleite des WEB-Bautreuhand-Immag-Imperiums fiel aber erst am 28. Juni 1989: Konsumentenschützer der Salzburger Arbeiterkammer brachten nach Beschwerden dutzender Anleger eine Anzeige gegen Geschäftsführer, Direktoren und leitende Angestellte der Bautreuhand ein. Der Verdacht lautete auf schweren Betrug, Untreue und betrügerische Krida.

In der Folge krachte das Imperium wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Circa 25.000 Anleger wurden ganz oder teilweise um ihr Geld geprellt, zahlreiche Firmen mussten Konkurs anmelden, eine auf ein Verfahren dieser Dimension inhaltlich wie organisatorisch schlecht vorbereitete Justiz sah sich plötzlich mit einem der größten Wirtschaftsprozesse der Zweiten Republik konfrontiert. Schadenssumme: 167 Millionen Euro - damals für viele unvorstellbare 2,3 Milliarden Schilling.

Insgesamt hat das Firmengeflecht rund 80 Teilfirmen gezählt. Die vom inzwischen verstorbenen Ex-Landtagspräsidenten Hans Zyla (ÖVP) mit begründete WEB-Gruppe hatte bereits 1975 begonnen, Hausanteilscheine als Anlageprodukt zu vertreiben. Wie im Strafprozess später klar wurde, war das System bereits 1983 am Ende. Nur ein Bankenmoratorium von Sparkasse, Raika und Landeshypo konnte die Pleite vorerst verhindern.

Um Ansprüche "alter" Zeichner von Anteilscheinen zu befriedigen, wurden neue Anleger geworben. Spätestens ab 1986 fehlte aber frisches Geld, und so begann im Firmengeflecht die "Loch auf, Loch zu"-Methode. Im Firmengeflecht wurden über Verrechnungsräder große Summen hin und her verschoben, um so Liquidität vorzutäuschen.

Als "Hirn" dieser Aktion galt der ehemalige Staatsanwalt Norman Graf. Ihm ist die Justiz freilich nie habhaft geworden. Der inzwischen verstorbene Graf hat sich nach Deutschland abgesetzt und entzog sich mit Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft dem Zugriff der österreichischen Behörden. Verurteilt wurde hingegen - neben vielen anderen - auch der damalige WEB-Vorstand. Er war hauptsächlich für die WEB verantwortlich, während Graf die Immag unterstand. Komplettiert wurde das Quartett durch Zyla und Siegfried Schider (beide bereits verstorben). Ein eigener Holdingvertrag regelte die Besitzverhältnisse unter den Männern.

Während einige der Involvierten wie etwa Zyla krankheitsbedingt für die Justiz unerreichbar blieben, sind infolge des Skandals auch Bankmanager zu Haftstrafen verurteilt worden. Der prominenteste unter ihnen war der ehemalige Chef der Salzburger Sparkasse Gerhard Schmid.

Auf der Strecke blieben die Anleger. Erst im Frühjahr 2004 konnten sich Anlegervertreter mit der Salzburger Sparkasse und etwas später dann auch mit dem Land Salzburg auf einen Vergleich einigen. Die Entschädigungsquoten lagen je nach Höhe der Einzahlung zwischen 50 und 63 Prozent.

Der Skandal löste auch ein politisches Beben aus. Obwohl die Causa überwiegend in der "schwarzen Reichshälfte" angesiedelt war, forderte sie zwei "rote" Opfer. SP-Landesparteichef und Landeshauptmannstellvertreter Wolfgang Radlegger, der in der Regierung auch die Aufsicht über den gemeinnützigen Teil des Firmenkonglomerats hatte, wurde seine Freundschaft zum ehemaligen WEB-Vorstand zum Verhängnis. Er trat ebenso zurück wie der sozialdemokratische Bürgermeister der Stadt Salzburg Josef Reschen. Er hatte aus dem Bereich der WEB eine Wohnung gekauft und wurde so zur Zielscheibe einer Medienkampagne.

Burgstallers Karriere

Andererseits hat die Affäre eine Politkarriere erst so richtig befeuert. Eine der Anzeigerinnen der AK im Juni 1989 war die junge Juristin Gabi Burgstaller. Getragen von der medialen Aufmerksamkeit, wurde Burgstaller von Radlegger-Nachfolger Gerhard Buchleitner in die Politik geholt. Jahre später wurde sie 2004 Landeshauptfrau, bis sie heuer im Zuge der Spekulationsaffäre selbst Opfer eines Skandals wurde. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 8.8.2013)