Rom - Der rechtskräftig zu vier Jahren Haft verurteilte frühere italienische Premier Silvio Berlusconi bekommt eine "Atempause". Die für Immunitätsfragen zuständige Parlamentskommission, die sich mit dem möglichen Ausschluss Berlusconis aus dem Senat infolge seiner Verurteilung wegen Steuerbetrugs beschäftigen muss, hat beschlossen, sich erst nach der Sommerpause am 9. September mit dem Fall des Medienzaren zu befassen.
Der Ausschuss muss feststellen, ob in der Causa Berlusconi ein Anti-Korruptions-Gesetz aus dem Jahr 2012 greift. Es könnte dazu führen, dass der Mailänder bei Wahlen nicht mehr als Spitzenkandidat antreten darf und seinen Senatssitz nach seiner rechtskräftigen Verurteilung verliert. Das Gesetz gelte nicht für Delikte, die vor Inkrafttreten des Gesetzes im Dezember 2012 begangen worden seien, behaupten Parlamentarier aus dem Lager Berlusconis. Außerdem sei Berlusconis Strafe wegen einer Amnestie de facto von vier auf ein Jahr reduziert worden, daher gelte das Gesetz für den Medienzaren nicht.
Anhörung Berlusconis im September
Die Mitte-links-Kraft "Demokratische Partei "(PD), Italiens stärkste Regierungspartei, sieht die Lage anders. "Das Gesetz muss angewendet werden, es gilt auch für Berlusconi", betonte PD-Senator und Ex-Staatsanwalt Felice Casson. Eine Anhörung Berlusconis vor der Kommission wird im September erfolgen. Voraussichtlich erst Ende September wird der Ausschuss dann darüber abstimmen, ob Berlusconi seine Immunität verliert, oder nicht. Danach ist eine Abstimmung im Plenarsaal des Senats vorgesehen.
Sein Alter von 76 Jahren bewahrt Berlusconi vor dem Gefängnis. Für Bürger jenseits der 70 mit vergleichsweise kurzen Haftstrafen sieht das italienische Recht Hausarrest vor. Bis Mitte Oktober haben die Rechtsanwälte des Mitte-Rechts-Chefs Zeit, beim Gericht zu beantragen, anstelle des Hausarrests gemeinnützige Arbeit zu leisten. Allerdings hat Berlusconi bereits erklärt, er werde nicht "wie ein normaler Krimineller" Sozialdienst tun. Somit würde er wohl unter Hausarrest gestellt - in einem Anwesen seiner Wahl. Als wahrscheinlich gilt, dass Berlusconi sich für seine Residenz Palazzo Grazioli im Herzen Roms entscheidet. Von dort aus könne er seinen Feldzug für eine Begnadigung oder für eine Revision des Prozesses besser führen, hieß es im Umfeld des Medienzaren.
Laut der Mitte-rechts-Parlamentarierin, Daniela Santanche, will Berlusconi die Strafe absitzen, zu der er vor einer Woche verurteilt worden ist. "Berlusconi wird Italiens Julia Timoschenko werden", versicherte Santanché in Anspielung auf die inhaftierte ehemalige ukrainische Ex-Regierungschefin. "Alle Italiener müssen begreifen, dass das ein Land geworden ist, in dem man Angst haben muss, da die Regeln der Demokratie missachtet werden", so Santanché. (APA, 8.8.2013)