Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: Reuters/Bader

Rohstoffe schienen lange Zeit so etwas wie den heiligen Gral für Investoren bereitzuhalten. Ähnlich hohe Renditen wie an den Aktienmärkten wurden versprochen, gleichzeitig entwickelten sich die Rohstoffe anders als die Aktienmärkte – im Jargon galten sie als "unkorreliert". Das heißt vereinfacht, dass Märkte wie Metalle oder Energieträger nicht mit den Aktienmärkten zusammenhängen. Stiegen die Aktienkurse, sagte das noch nichts über die Preise von Rohstoffen aus – und umgekehrt. Eine tolle Eigenschaft, weil Investments in Gold, Öl oder Kupfer Stabilität in ein Depot bringen.

Damit galten Rohstoffe als wichtiges Werkzeug zur Diversifikation von Portfolios. Doch zwei aktuelle Studien räumen mit dieser Einschätzung auf. So schätzen Volkswirte der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, "dass Korrelationen, nachdem sie ein Jahrzehnt lang Null herum lagen, seit Mitte 2008 deutlich zugenommen haben". Aus dem tollen Diversifikations-Tool ist daher ein stumpfes Werkzeug geworden, das das Risiko in einem Portfolio erhöht. "Die Ansicht, dass Rohstoffe in einem Portfolio sein müssen, weil sie eine Absicherung ermöglichen, ist nicht fundiert", kritisieren die BIZ-Volkswirte vielfach gehörte Marketingversprechen.

Liquiditätsspiralen und Krisen

Warum funktionieren Rohstoffinvestments nicht mehr als Diversifikations-Werkzeug? Einer der Gründe liegt ausgerechnet im vergangenen Erfolg von Rohstoff-Investments. Hohe Renditen ohne hohe Korrelation waren einfach zu verlockend. Das hat viele Finanzinvestoren in den Markt geholt. Laut Daten von Bank of America Merrill Lynch sind bis 2011 knapp 400 Milliarden Dollar in Rohstoff-Fonds geflossen. "Finanzialisierung" nennen Analysten diesen Vorgang, denn mithilfe der Fonds wurde ein Markt für Investoren erschlossen, der zuvor vor allem Investmentprofis und Unternehmen, die reale Preisrisiken absichern wollten, vorbehalten war. Allerdings sind alleine seit Jahresbeginn rund 70 Milliarden wieder abgezogen worden. Daten von Blackrock zeigen etwa, dass alleine bei Rohstoff-ETFs – passiven, börsengehandelten Fonds – 31,6 Milliarden Dollar abgezogen wurden. Der größte Aderlass war bei Goldfonds zu verzeichnen, die für 97 Prozent der Abflüsse verantwortlich zeichnen.

Trotz der jüngsten Abflüsse sind Finanzinvestoren wie Pensionskassen oder Privatanleger heute deutlich aktiver am Rohstoffmarkt als etwa vor einem Jahrzehnt. Daher kommen etwa zwei französischen Ökonominnen in einem Beitrag auf voxeu.org zu dem Ergebnis, dass es auch auf Rohstoffen immer öfter zu "Liquiditätsspiralen" kommt. Investoren stoßen wegen Verlusten ihre Positionen ab und verstärken damit die Abwärtsbewegung. Anne-Laure Delatte, eine Ökonomin an der Rouen Business School, betont, dass gerade die leicht handelbaren ETFs das Marktverhalten verändern und damit das Überschwappen von Krisen aus Aktien- in die Rohstoffmärkte befördern. Das heißt aber im Umkehrschluss, dass sich Investoren mit Rohstoffanlagen auch immer mehr Risiko wie am Aktienmarkt einkaufen. Vom "heiligen Gral" des sicheren Depots ist damit nicht mehr viel übrig, so Delatte. (Lukas Sustala, derStandard.at, 9.8.2013)