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Urbano Tavares Rodrigues 2010 in Lissabon.

Foto: apa / EPA/Antonio Cotrim

Lissabon - Portugal trauert um den Schriftsteller und Diktatur-Gegner Urbano Tavares Rodrigues, der als eine der wichtigsten Persönlichkeiten des Landes im 20. Jahrhundert galt und am Freitag im Hospital dos Capuchos in Lissabon im Alter von 89 Jahren verstarb.

"Mein Vater ist von uns gegangen. Er lag seit drei Tagen im Capuchos. Ich habe keine weiteren Informationen", ließ die Schriftstellerin Isabel Braga, Tochter des Autors von "Die Hitzewelle" (1997, Altius Verlag), auf der Facebook-Seite von Tavares Rodrigues wissen.  Der Parteienzusammenschluss "Linksblock" (BE) würdigte unterdessen den mehrfach ausgezeichneten Autor als "herausragende Figur im Kampf um Demokratie in Portugal". "Das Schreiben war für Urbano so wichtig wie das Atmen", erzählte der mit Tavares Rodrigues eng befreundete Autor José Luís Peixoto nach der Todesnachricht der Nachrichtenagentur Lusa.

Engagement gegen die Diktatur von  Salazar

Tavares Rodrigues wurde am 8. Dezember 1923 als Sohn des Journalisten Urbano Rodrigues in Lissabon in eine Familie von Großgrundbesitzern geboren. Als Journalist und Universitätsprofessor prangerte er schon in jungen Jahren die sozialen und politischen Missstände in seinem Land schonungslos an. Sein Engagement gegen die Diktatur von António Salazar machte ihn zu einem der berühmtesten Intellektuellen im Portugal der 1950er bis 1970er Jahre. Der überzeugte Kommunist, der allerdings erst 1969 der Kommunistischen Partei Portugals (PCP) beitrat, führte Studenten-Proteste an, wurde mehrfach mit Berufsverbot belegt, wanderte für Jahre hinter Gitter und ging ins Exil nach Frankreich. Erst nach der Nelkenrevolution vom 25. April 1974 kehrte er endgültig in sein Heimatland zurück.

Tavares Rodrigues schrieb Dutzende Romane, Essays, Erzählungen und Reiseberichte, aber auch Kurzprosa und Literaturkritik. Sein umfangreiches Werk konzentriert sich auf die Selbst- und Fremdempfindung so wie auf das politische und soziale Bewusstsein des Individuums. Er sei vor allem vom französischen Existenzialismus der 1950er Jahre beeinflusst worden, sagte einmal der Mann, der mit der 1998 gestorbenen Schriftstellerin Maria Judite de Carvalho verheiratet war.

Der erste Roman von Tavares Rodrigues, das 1959 erschienene Buch "Bastardos de Sol" (Bastarde der Sonne, Verlag Neues Leben, 1978) ist auch einer seiner bekanntesten. Das letzte Werk ("Escutando o rumor da vida seguido de solidão em brasa", kein deutscher Titel) war erst vor einem Jahr herausgegeben worden. In einem Zeitungsinterview sagte er damals: "Ich spüre, dass ich nicht mehr lange leben werde. Einer meiner Ärzte sagte mir, es sei ein Wunder, dass ich noch lebe."   (APA, 9.8.2013)